The European Heritage Project by Peter Löw
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“Als außergewöhnliches Zeugnis der Tradition der europäischen Bäder ist das anspruchsvolle Baden-Baden eine Stadt des Gesundheitswesens, der Freizeitgestaltung und der sozialen Interaktion, in der architektonische Prototypen und eine städtebauliche Typologie entstanden sind, die ihresgleichen sucht.“

Lisa Poetschki (Städtische Koordinatorin
UNESCO World Heritage, Baden-Baden)

Nach einer achtjährigen Vorbereitungsphase hat sich Baden-Baden in Zusammenarbeit mit zehn weiteren renommierten europäischen Kurstädten im Januar 2019 unter dem Titel „Great Spas of Europe“ offiziell um die Auszeichnung als UNESCO-Weltkulturerbe beworben. Das EUROPEAN HERITAGE PROJECT hat sich aus diesem Grund dazu entschieden, diese prestigeträchtige Bewerbung und die ambitionierten Bestrebungen der Stadt Baden-Baden zu unterstützen. In diesem Rahmen wurden sechs schwer vernachlässigte, denkmalgeschützte Gebäude akquiriert, die alle durch ihre historisch wertvolle und erhaltenswerte Bausubstanz überzeugten. Alle Bauwerke sind in das Areal der „kleinsten Metropole der Welt“, das sich zwischen Lichtentaler Allee und Friedrichsbad erstreckt, eingebettet.

Das gesamte Ensemble, das vom EUROPEAN HERITAGE PROJECT erworben wurde, besteht aus Gebäuden, die zwischen dem 19. und frühen 20. Jahrhundert im Gründerzeitstil errichtet wurden. Darunter finden sich ein von Johann Ludwig Weinbrenner entworfenes Mietshaus, extravagante Villen, opulente Stadthäuser, die Alte Polizeidirektion und sogar ein Gebäude, welches einst eines der luxuriösesten Hotels der Kurstadt beherbergte, der Deutsche Hof. Gemeinsam mit den noch heute bestehenden Traditionshäusern Europäischer Hof und Badischer Hof, formt das alte Hotelgebäude einen malerischen Platz, auf dem zuvor das 1631 errichtete Kapuzinerkloster stand.

MEHR | WENIGER

Vor zweitausend Jahren von den Römern entdeckt und für die natürlich vorkommenden Thermalquellen geschätzt, etwa vom römischen Kaiser Caracalla höchstpersönlich, erlebte Baden-Baden im 19. Jahrhundert, nach der Eröffnung des Spielcasinos seine Blütezeit als „Sommerhauptstadt Europas”. Die Bäderstadt war wegbereitend für die Entwicklung des modernen Tourismus und konnte sich darüber hinaus als Europas inoffizielle politische und gesellschaftliche Schaubühne etablieren und so mit den wichtigsten Metropolen der damaligen Zeit um die Vormachtstellung als kulturelles Epizentrum und beliebtesten Rückzugsort konkurrieren. Der Geist der berühmten Gäste Baden-Badens, wie etwa Clara Schumann, Fjodor Dostojewski, William Turner oder Otto von Bismarck und selbst Queen Victoria, ist heute noch spürbar. Es ist genau dieser historische und kulturelle Reichtum, den das EUROPEAN HERITAGE PROJECT wahren und schützen möchte, um den unbändigen Esprit dieses besinnlichen, wie kosmopolitischen Ortes, welcher seit jeher die europäische Gesellschaft und ihre Geistesgrößen inspirierte, bewusst aufrechtzuerhalten.

GESCHICHTE

Baden-Baden ist als Kur- und Bäderstadt sowie als Medien-, Kunst- und internationale Festspielstadt bekannt. Bereits die Römer nutzten die hier am Rande des Schwarzwalds entspringenden heißen Thermalquellen. Im Mittelalter war Baden-Baden Residenzstadt der Markgrafschaft Baden und somit auch namensgebend für das Land Baden. Nach einem katastrophalen Stadtbrand im Jahr 1689 verlor der Ort den Status der Residenzstadt an das benachbarte Rastatt. Im 19. Jahrhundert wurde die Bäderstadt wiederentdeckt und entwickelte sich, auch dank der Einnahmen aus der Spielbank, zu einem international bedeutsamen Treffpunkt von Adligen und wohlhabenden Bürgern. Aus dieser Blütezeit im 19. Jahrhundert ist ein reiches, gut erhaltenes materielles und immaterielles Erbe erhalten.
Erste Spuren der Besiedlung des Oostals finden sich aus dem Mesolithikum um 8000 bis 4000 vor Christus. Doch erst durch die Römer, die die hiesigen bis zu 68 Grad Celsius heißen Thermalquellen entdeckten und schätzen lernten, gewann Baden-Baden an Bedeutung. Nach der Besetzung der rechtsrheinischen Gebiete unter Kaiser Vespasian zwischen den Jahren 9 und 79 n. Chr., gründeten die Römer um die Mitte der 70er Jahre nach Christus zunächst ein Militärlager südlich der heutigen Altstadt auf dem Rettig-Plateau. Nachdem von dort aus die Siedlung und Badeanlagen im Gebiet der Altstadt angelegt wurden, wich das Lager einem Verwaltungsbezirk. Die Kolonie Aquae entwickelte sich zum Militärkurbad und im zweiten Jahrhundert zum Verwaltungssitz der Civitas Aquensis.
Um 260 nach Christus eroberte der germanische Stamm der Alamannen die Gegend.
Um das Jahr 500 kam das Gebiet unter fränkische Herrschaft und wurde zum Grenzort zum alemannischen Stammesgebiet, das südlich der Oos begann. Die erste urkundliche Erwähnung Baden-Badens ist umstritten. Mittelalterlichen Quellen zufolge soll der Merowinger König Dagobert III. (699-716) im Jahr 712 die Mark und ihre heißen Quellen dem Benediktinerkloster Weißenburg im heutigen Elsass geschenkt haben. Der Ort wird in den frühesten Dokumenten als ‚balneas in pago Auciacensi sitas’‚ „im Oosgau gelegene Bäder“ und an anderes Stelle als ‚balneis, quas dicunt Aquas calidas‘‚ also als „Bäder, die sie heiße Quellen nennen“ bezeichnet. Eine Urkunde aus dem Jahr 856 bezieht sich ebenfalls auf die gleiche Schenkung, ist allerdings umstritten. Der erste gesicherte Beleg für das heutige Baden-Baden ist eine Schenkungsurkunde aus dem Jahr 987, in der der römisch-deutsche König Otto III. (980-1002) und spätere Kaiser, den Ort ‚Badon‘ nennt und erstmals eine Kirche erwähnt. Im Jahr 1046 finden sich Erwähnungen, die dem Ort erstmals das Marktrecht aussprechen.
Der Zähringer Graf Hermann II. Von Baden (1060-1130) erwarb das Gebiet um Baden-Baden Anfang des 12. Jahrhunderts und nannte sich im Jahre 1112 erstmals Markgraf von Baden und ließ um 1100 die Burg Hohenbaden errichten. 1245 wurde das Zisterzienser Kloster Lichtenthal gegründet und Baden erlangte zu dieser Zeit das Stadtrecht. Als solche wird Baden erstmals 1288 ausdrücklich genannt.
Mit der Erlaubnis des badischen Markgrafen Friedrich II. († 1333) wurden die Thermalquellen ab 1306 erstmalig nach der Antike wieder für Bäder genutzt. Ende des 14. Jahrhunderts wurde auf dem Schlossberg eine Burg errichtet, die den Kern des heutigen Neuen Schlosses auf dem Florentinerberg bildet.
Die erste Kurtaxe wurde 1507 erhoben, außerdem wurde ein Kurdirektor ernannt, der sich von da an um den aufstrebenden Kurbetrieb kümmerte. Ab 1500 lag die Stadt im Schwäbischen Reichskreis, einem der zehn dem Heiligen Römischen Reich unterstehenden Regierungsgebiete. Nach Teilung der Markgrafschaft Baden im Jahr 1535 blieb das heutige Baden-Baden Residenzstadt der Bernhardinischen Linie und Hauptstadt der Markgrafschaft Baden-Baden.
Zwischen 1570 und 1631 war die Stadt von der Hexenverfolgung betroffen. 134 Menschen wurde dabei der Prozess gemacht und mindestens 102 kamen dabei zu Tode. Während des Pfälzischen Erbfolgekrieges in den Jahren 1688 bis 1697 wurde Baden-Baden am 24. August 1689 von französischen Truppen niedergebrannt und in der Folge kam auch der Bäderbetrieb zum Erliegen. 1705 verlegte Ludwig Wilhelm von Baden-Baden (1655-1707) die Residenz nach Rastatt; dennoch blieb Baden-Baden die offizielle Amtsstadt.
Am Ende des 18. Jahrhunderts wurde Baden-Baden wiederentdeckt und vom badischen Staat zum mondänen Kurort ausgebaut. Viele herrschaftliche Gäste machten den Ort zur Sommerhauptstadt Europas, von Künstlern, Dichtern und Denkern bis hin zu Politikern und Adeligen, während Paris als offizielle Winterhauptstadt galt. Besonders unter den deutschen Komponisten und Musikern, wie Clara Schumann (1819-1896), Richard Wagner (1813-1883), Johannes Brahms (1833-1897) und den russischen und französischen Intellektuellen, so etwa Victor Hugo (1802-1885), Fjodor Dostojevski (1821-1881) und Lew Tolstoi (1828-1910) war Baden-Baden zu seiner Blütezeit beliebt. Es entstanden Luxushotels, das Kurhaus und die Spielbank, die jedoch 1872 per Dekret wieder geschlossen wurde. Ab 1858 fanden internationale Pferderennen auf dem Rennplatz Iffezheim statt. Anfangs wurden diese von dem französischen Unternehmer und Mäzen Edouard Bénazet (1801-1867) veranstaltet und mit Einnahmen aus der Baden-Badener Spielbank, deren Pächter er war, finanziert. Im Jahr 1872 übernahm der Internationale Club Baden-Baden die Organisation der Pferderennen.
Baden-Baden verdankt sein heutiges mondänes Aussehen Stadtplanern und Architekten wie Friedrich Weinbrenner (1766-1826).

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Die römischen Badruinen unter dem Römerplatz


Stadtansicht aus der Topographia Sueviae von Matthäus Merian, 1643

Friedrich Weinbrenner, 1826


HEUTIGE GESAMTSITUATION

Baden-Baden hat es seiner Geschichte und insbesondere der kulturellen Nähe zu Frankreich zu verdanken, dass die Stadt im Zweiten Weltkrieg unzerstört blieb und gehört dadurch zu den am besten erhaltenen Kurorten in Deutschland. Durch Baden-Badens günstige Lage zwischen Karlsruhe und Straßburg ließ die französische Besatzungsmacht ihr Hauptquartier hier errichten. Das Stadtbild wird von herausragenden Beispielen der Kurarchitektur des 19. und frühen 20. Jahrhunderts geprägt. Dennoch veränderten zahlreiche seit den 1970er und 80er Jahren errichtete Bausünden, die im Rahmen eines großflächig geplanten Modernisierungsgedanken entstanden sind, das Stadtbild. Darüber hinaus fanden im Zuge dessen ab den 1960er Jahren zahlreiche bedauernswerte Abrissarbeiten statt, die eine Vielzahl an erhaltenswerten historischen Bauten dauerhaft aus dem kollektiven Gedächtnis entfernt haben.
Heute ist das Kurhaus mit dem berühmten Casino architektonischer und gesellschaftlicher Mittelpunkt sowie Wahrzeichen der Stadt. Die Altstadt Baden-Badens hat zahlreiche Geschäfte und Cafés, die zum Flanieren einladen. Im Bäderviertel sind vor allem das in Anlehnung an die Paläste der italienischen Hochrenaissance erbaute Friedrichsbad aus dem 19. Jahrhundert sowie die römischen Badruinen, die sich unterhalb des Marktplatzes und dem Friedrichsbad befinden, erwähnenswert. Weitere Sehenswürdigkeiten sind das von Friedrich Weinbrenner ausgeführte Kurhaus, die in Kaskaden angelegte Wasserkunstanlage Paradies, das Kloster Lichtenau und Schloss Hohenbaden sowie das Neue Schloss. Ebenfalls sind die Trinkhalle Baden-Baden von Weinbrenner-Nachfolge Heinrich Hübsch (1795-1863) und die 2,3 Kilometer lange Lichtentaler-Allee zu nennen, die nach wie vor das Herzstück und die grüne Lunge der Kurstadt darstellt.
Seit den letzten Jahrzehnten versucht die Stadt sich mit teilweise großem Erfolg wieder als kulturelles Zentrum zu etablieren. So erwächst nun das Interesse an der Kurstadt wieder in der jüngeren Generation. Besonders die Reise- und Kulturressorts von weltweit renommierten Magazinen, wie etwa der New York Times oder Monocle, haben Baden-Baden wieder in den Fokus gerückt. Ebenfalls bietet der Status Baden-Badens auf der aktuellen Tentativliste des UNESCO Weltkulturerbes im Rahmen des Projekts ‚Great Spas of Europe‘, in dessen Rahmen sich der Kurort gemeinsam mit den unten genannten europäischen Städten beworben hat, eine Chance die Stadt an der Oos wieder in ihrem internationalen Renommee zu fördern:
Spa, Belgien
Bad Ems, Deutschland
Bad Kissingen, Deutschland
Vichy, Frankreich
Bath, England
Montecatini Terme, Italien
Baden bei Wien, Österreich
Franzbad, Tschechien
Karlsbad, Tschechien
Marienbad, Tschechien
Luhačovice, Tschechien

Historische Postkarte


Historische Karte


Casino Baden-Baden

PROJEKTZIEL

„Hier in Baden hätte ich die schöne Natur und auch künstlerischen Verkehr, denn alles kommt ja hierher.“ Mit diesen Worten fasste Clara Schumann ihre Beweggründe zusammen, 1862 nach Baden-Baden zu ziehen.
Dem EUROPEAN HERITAGE PROJECT ist es gelungen, seit 2004 bereits sieben vernachlässigte bis ruinöse, denkmalgeschützte Bauwerke innerhalb des potenziellen Baden-Badener UNESCO-Weltkulturerbe Areals zu erwerben. Ziel dieses Engagements ist es nicht nur, die Einzelsituation der betroffenen Häuser zu verbessern und sie damit in ihren ursprünglichen Zustand zurückzuführen, sondern die Stadt ebenfalls dabei zu unterstützen, die historische Kurstadt wieder zu einem beliebten Wohn- und Reiseort für eine jüngere Bevölkerung zu machen.
Zudem soll das Stadtbild seinem Anspruch als erhaltene Weltstadt der Belle Époque zunehmend wieder gerecht werden, nachdem ab Mitte des 20. Jahrhundert zahlreiche Gebäude aus der Blütezeit der Kurstadt wahllos abgerissen wurden.
Zwar sind insbesondere die Wahrzeichen der Stadt, wie etwa die Trinkhalle, Grünanlagen oder das Casino maßgeblich identifikationsstiftend, doch es sind nicht nur die Monumentalbauten, die Baden-Baden architektonisch gestalten und der Stadt ihr unverkennbares Äußeres verleihen. Auswärtige Besucher, Investoren und Architekten, aber auch gebürtige Baden-Badener haben auf oft subtilere Weise das Stadtbild zwischen Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts mitgestaltet. So hinterließen sie ihre Spuren in Form von herrschaftlichen Villen und Stadthäusern und damit eine architektonische Diversität, die zu einem Charakteristikum Baden-Badens geworden ist. Diese liefern eine beeindruckende und nahezu unerschöpfliche Chronologie in der Entwicklungsgeschichte der Herrenhausarchitektur über mehrere Dekaden. Viele dieser Privatwohnhäuser und Anwesen wurden zur Glanzzeit Baden-Badens erbaut oder gar erweitert. Dieses kulturelle und architektonische Zeugnis zu erhalten, stellt jedoch ein Projekt dar, das eine Stadt kaum selbst stemmen kann, weshalb das EUROPEAN HERITAGE PROJECT beschlossen hat, sein Portfolio mit Baden-Baden auszuweiten.
Kern der Umsetzung ist somit die Revitalisierung in Vergessenheit geratener, historisch wie architektonisch erhaltenswerter Stadthäuser und eine Unterstützung der Stadt Baden-Baden in ihren ambitionierten Plänen, dem Kurort neues Leben einzuhauchen:
  • Wiederherstellung der alten Fassadenstrukturen
  • Erhaltung und Renovierung der Gebäude in ihrer historischen Struktur
  • Durch Restaurierung und eine zeitgleiche Sanierung der Energie- und Wasserversorgung nach neusten technischen und nachhaltigen Standards lebenswerte    Wohnräume schaffen
  • Wiederbesiedlung des Ortes vorzugsweise durch junge Familien, um das Durchschnittsalter in der Bevölkerung wieder zu senken und somit neue             Zukunftsperspektiven für den Ort zu schaffen

GESCHICHTE

Der im städtischen Gedächtnis als „Alte Polizeidirektion“ verankerte Gebäudekomplex am Ende der Sophienalle war im Jahre 1842 als Großherzogliches Amtshaus im Stil eines toskanischen Landhauses der Renaissance an prominenter Stelle errichtet worden. 1837 war es der großherzoglichen Güterverwaltung gelungen, das entsprechende Grundstück vom Salmenwirt Haug zu erwerben.
Mit der Bauplanung des Amtshauses wurde Friedrich Theodor Fischer (1803-1867), ein Schüler Weinbrenners und seinerzeit Leiter der Oberbauinspektion Karlsruhe, beauftragt. Zunächst waren hier nach Fertigstellung des Bauprojekts im Jahr 1842 das großherzogliche Amtsgericht, etliche Dienstwohnungen und die Polizeiwache untergebracht. Ab 1842 diente das repräsentative Gebäude einzig zur Unterbringung der Polizeidirektion, bis diese 1975 auszog und in die Weststadt übersiedelte.
Über Jahrzehnte war der Eigenwert des Gebäudes jedoch bei den Planungsabsichten der Bäder- und Kurverwaltung unzureichend gewürdigt worden. Bereits 1964 stand ein Beschluss, die Polizeidirektion abzureißen. In jener Zeit hatte man zwar den Bauwerken Weinbrenners ihre Erhaltungswürdigkeit zugesprochen, jedoch nicht den Werken seiner Schüler und Nachfolger. Damals sollte das imposante bogenförmige Gebäude für einen geplanten Grünstreifen weichen. Bis 1977 stand ein Abriss im Raum und erschien den Stadtplanern unumgänglich. So hätte das heute beeindruckende und das Stadtbild maßgeblich prägende Gebäude beinahe ein ähnliches Schicksal, wie viele historistische Gebäude des 19. Jahrhunderts, die während der 1960er bis 80er Jahre in Baden-Baden vor allem zugunsten von Neubauten und Parkplätzen geopfert wurden, ereilt. Doch glücklicherweise trat 1978 ein Kollektiv aus Denkmalpflegern massiv für den Erhalt des historischen Amtsgebäudes ein und gründete die „Schutzgemeinschaft alte Polizeidirektion“, die sehr schnell überregional eine ungewöhnlich hohe Beachtung und Zuspruch in wissenschaftlichen Kreisen fand.
Ab 1982 war im Anschluss das Museum für mechanische Musikinstrumente dort untergebracht. Danach stand das Gebäude jahrelang leer. Heute ist es wieder der Öffentlichkeit zugänglich. Ein hochmodernes Ärztehaus ist in den alten und renovierten Mauern untergebracht.

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KAUFSITUATION

Nach jahrelangem Leerstand wurde der Komplex in Zusammenarbeit mit dem Denkmalamt restauriert und modernisiert. Der Alteigentümer hatte das Interesse an den Gebäuden verloren und sich nach anderweitigen Investitionsmöglichkeiten umgesehen. In dieser Situation wurde das EUROPEAN HERITAGE PROJECT gefragt, ob dieses stadtbildende Anwesen nicht in das Ensembleprojekt des Projekts für Baden-Baden passen würde. Im Juli 2019 wurde das Gebäude schließlich vom EUROPEAN HERITAGE PROJECT erworben.

ARCHITEKTUR

Theodor Fischer hatte 1839 den Auftrag erhalten, an zentraler Stelle ein Gebäude zu errichten, das einerseits in funktionaler Hinsicht den Ansprüchen eines fürstlichen Amtshauses mit Gerichtsbetrieb entsprechen und andererseits auch die repräsentativen Ansprüche der Amtsgewalt und die Erwartungen der Klientel eines aufstrebenden Weltbades erfüllen sollte.
Fischer setzte sich seinerzeit gegen die Entwürfe acht weiterer Architekturbüros durch. Heraus kam ein dreistöckiges Zentralgebäude, das zusammen mit zwei symmetrisch angeordneten Flügelbauten auf der „Glanzseite“ zur Sophienallee einen kleinen repräsentativen Gartenplatz mit Zentralbrunnen einfasste. Am Ende der einstöckigen Flügel waren kleine Pavillons installiert, die als sichtbare Wachgebäude dienten. In diesen fanden auch die Wachablösungen statt. Der ganze Komplex war in Sandstein ausgeführt. Die jeweiligen Gebäudeecken waren mit Bossensteinen optisch hervorgehoben. Stilistisch hatte sich Fischer an der Neorenaissance italienischer Ausprägung orientiert. Die dreistöckige Fassade des Hauptgebäudes ist entsprechend streng gegliedert. Im Erdgeschoss sind über einem angedeuteten Bossenwerk neben dem hohen, repräsentativen Eingang jeweils drei hohe, oben gerundete Fenster angebracht, die an Palladio erinnern und die sich auch in den anderen Stockwerken wiederfinden. Über dem Eingang ist das großherzogliche Wappen angebracht. Rechts und links neben dem Eingangsportal befinden sich auf hohen Säulen figürliche Darstellungen der Allegorien der Gerechtigkeit und des Gesetzes, Justitia und Lex. Die beiden höheren Stockwerke werden durch auskragende Gurtgesimse gegliedert. Unter den Traufsteinen und den Dachkonsolen befinden sich jeweils über den Fenstern des zweiten Stockes bronzene Tondi, die Greifenköpfe abbilden. Das Gebäude wird über mehrere Eingangstreppenabschnitte erschlossen. Über den runden Vorplatz folgt zunächst eine vierstufige Treppenanlage, der sich unmittelbar vor dem Haus eine dreistufige Haustreppe anschließt. Das Gebäude wir erst nach Durchschreiten eines inneren Säulenganges betreten, die originalen Eingangstüren sind ganzflächig in acht verglaste Strahlenelemente gegliedert.
Im Innern finden sich zudem diverse neogotische Elemente, wie zum Beispiel die hohen, schmalen Kreuzgewölbe an den Decken der Treppenaufgänge und in der Eingangshalle, sowie steinerne, sternförmig ornamentierte Balustraden, die teilweise von tuskischen Säulen abgeschlossen werden. Die großzügig gestalteten, hohen, rundbogenförmigen Türen in den Räumlichkeiten und die vielen lichtspendenden Fenster betonen die offene Gestaltung der Architektur. Die schlichten, weiß gehaltenen Wände und das polierte, anthrazitfarbene Granitgestein der Böden und Treppenstufen lassen insbesondere die Eingangshalle noch großzügiger erscheinen.
Die beiden geschwungenen Seitenflügel waren zunächst eingeschossig geplant. An den Enden befinden sich jeweils klassizistische Pavillons mit starkem Bossenwerk und einer zentralen, überhohen Eingangspforte, die inzwischen mit einem weiteren Stockwerk überbaut wurden.
Im Zuge der Erneuerungen durch den Vorbesitzer wurden die Pavillons neuzeitlich mit jeweils einem zusätzlichen, schlichten und kubusförmigen Stockwerk überbaut, das sich auf dezente Weise in die historische Architektur einfügt.
Das gesamte Gebäude hat einen deutlich stadtprägenden Charakter und spiegelt das neue Selbstvertrauen des badischen Herrscherhauses nach Erhebung in den fürstlichen Großherzogstand in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wider.

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KAUFSITUATION

Das Gebäude war zuletzt im Jahr 2003 von einem Privatunternehmer erworben worden. Dieser hatte die Idee, das Gebäude neu zu konzipieren und einer veränderten Nutzung zuzuführen. Dazu sollten im Parkbereich versenkbare Garagenstellplätze geschaffen, an das Gebäude ein Außenaufzug angebaut und die Aufteilung der Räume im Inneren neu und variabel vorgenommen werden. Er hatte bereits eine weitgehende Entmietung durchgeführt, konnte aber im Anschluss die Auflagen des Denkmalamtes kaum erfüllen. Aufgrund der daraus resultierenden zeitlichen Verzögerungen hatte er das Interesse an dem Objekt verloren, obwohl bereits erste Abbrucharbeiten im Gange waren.
Die architektonische und sozialgeschichtliche Relevanz des Gebäudes war dem EUROPEAN HERITAGE PROJECT bereits früh klar. Denn es stellte als eines der ersten, von Johann Ludwig Weinbrenner (1790-1858) als reines Mietgebäude konzipierten Häuser in Baden-Baden eine Rarität dar. Aufgrund der akuten Gefahr, dass das gesamte Gebäude schließlich stark verändert werden könnte, hat sich das EUROPEAN HERITAGE PROJECT zu Beginn des Jahres 2019 dazu entschlossen, das Gebäude zu übernehmen.

ARCHITEKTUR & GESCHICHTE

Schon während der Errichtung der nahegelegenen evangelischen Kirche entstand nach Plänen von Friedrich Eisenlohr (1805-1854) zwischen 1855 und 1865 ein neues, planmäßig konzipiertes Stadtviertel, bestehend aus der späteren Ludwig-Marum-, Ludwig-Wilhelm-, Schiller- und Maria-Viktoria-Straße. Das repräsentative Wohnhaus dürfte deshalb wohl zwischen 1860 und 1880 errichtet worden sein, während die ursprünglichen Pläne und Entwürfe kurz vor dem Tod Johann Ludwig Weinbrenners entstanden sein dürften. Auf einem Stadtplan von 1889 ist das Gebäude erstmals auch kartografisch verzeichnet.
Das Gebäude ist für die Stadtgeschichte Baden-Badens, insbesondere für die Kunst- und Architekturwissenschaft, aber auch für die Sozialgeschichte von besonderem Quellenwert. Das Gebäude dokumentiert den großbürgerlich geprägten Wohnbau seiner Zeit in ihren typischen räumlichen und ästhetischen Ausprägungen.
Das dreigeschossige Gebäude weist repräsentative Formen des Spätklassizismus auf, die sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts vor allem in Kurstädten europaweit großer Beliebtheit erfreuten. Das durch Stockwerke und Sohlbankgesimse im flamboyanten Stil gegliederte Haus mit Fensterläden und Walmdach besitzt drei prachtvolle, kunstvoll angeordnete Balkone mit reich geschmückten Eisengittern, auch die Fensterbrüstungen sind mit verzierten Schmuckteilen versehen. Im Inneren setzt sich der großzügige Eindruck in einem weiten Treppenhaus mit breiter Seitenstiege und eleganten, klassizistischen Zierformen aus Gusseisen fort. Des Weiteren zieren vereinzelte Buntglasfenster mit geometrischen Formen und Blumenmustern das Treppenhaus und bieten ein farbenprächtiges Lichtspiel. In den Wohnungen sind die zahlreichen, original erhaltenen Flügeltüren zu erwähnen.
Am Gebäude selbst, aber auch in seiner städtebaulichen Situation werden heimatgeschichtliche Entwicklungen anschaulich. Durch seine gut überlieferte Materialität wird ein im Bewusstsein der Bevölkerung vorhandener Bezug zu den politischen, kulturellen und auch sozialen Verhältnisse des späten 19. Jahrhunderts hergestellt. An dieser Stelle ist besonders der Aspekt zu erwähnen, dass es sich bei dem Gebäude um eines der ersten, vom Neffen und Schüler Friedrich Weinbrenners als reines Mietsgebäude konzipierten Bauwerke der Stadt handelt und somit eine architekturhistorische Zäsur markiert.
Die Denkmaleigenschaft der für Kurstädte dieser Epoche beliebten Wohnhäuser des Spätklassizismus und die Notwendigkeit ihrer Erhaltung ist in das Bewusstsein der Bevölkerung und eines weiten Kreises von Experten eingegangen. Es handelt sich um ein seltenes architekturhistorisches Zeugnis von hohem Dokumentations- und Erhaltungswert, das zudem einen hohen Grad an Vollständigkeit in seiner Bausubstanz aufweist.

Friedrich Eisenlohr


Stadtplan 1889

BAULICHE SITUATION BEI ÜBERNAHME

Ziel der jetzt anstehenden Arbeiten ist es, das Gebäude entsprechend der Weinbrennerschen Konzeption als Mietshaus rückzubauen, es gleichzeitig aber auch zu modernisieren. Insbesondere die Eingangssituation wurde über die Jahre verändert, auch das Treppenhaus hat seinen repräsentativen Charakter verloren.
Im Detail sind insbesondere folgende Maßnahmen geplant:
Im äußeren Eingangsbereich soll zunächst ein Rückbau der modernen Kunststeinfliesen erfolgen, ebenfalls sollen nachträglich hinzugefügte Treppenstufen durch Stufen aus Sandstein ersetzt werden und eine Restaurierung der Haustüre erfolgen.
Im Eingangsbereich, das heißt im Windfang, sollen die Treppenstufen aus Sandstein und die Zementfliesen restauriert und gegebenenfalls durch Rekonstruktionen, sofern notwendig, ersetzt werden. Besonders hervorzuheben ist die Erneuerung der Windfangtür nach historischem Vorbild.
Im Treppenhaus soll die vorhandene Treppe einschließlich der Geländer und des Handlaufs instandgesetzt werden, die Wand- und Deckengestaltung sowie die Wohnungstüren sollen unter Aufnahme des historischen Vorbildes rekonstruiert werden. Ebenfalls sollen die modernen Deckenleuchten, durch historische, originale Hängeleuchten in Laternenform im Deckenspiegel ersetzt werden.
Neuzeitliche Trockenbauwände sollen wieder entfernt und die gesamte Elektro-, Heizungs- und Sanitärsituation muss völlig neu aufgebaut werden. Insbesondere die Anordnung der Bäder wird neu konzipiert werden müssen.
Die Kastenfenster sollen erhalten bleiben, werden jedoch durch dünnwandige Doppelverglasungen energetisch verbessert.
Fenster und Flügeltüren in den Wohnungen sollen, soweit aus dem Originalbestand, überarbeitet und erhalten werden. Alle Wohnungstüren sollen aufgearbeitet und an Stellen mit Rahmen versehen werden, an denen sie zuvor entfernt wurden und nicht mehr vorhanden sind.
Die Parkettböden, überwiegend aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, sollen überarbeitet werden und, soweit möglich, verbleiben. Das Gebäude soll von außen den Vorgaben aus der Errichtungszeit wieder angepasst werden, weiterhin soll die Parkanlage erhalten bleiben.

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KAUFSITUATION

Das Gebäude war in den Jahren vor dem Verkauf im Privateigentum eines älteren Ehepaares. Mindestens seit 20 Jahren waren keine Renovierungsarbeiten mehr durchgeführt worden. Aufgrund erheblicher baulicher Eingriffe in den 60er Jahren, insbesondere der unästhetischen, nicht mit der originären historischen Architektur harmonisierenden Fassaden- und Eingangsgestaltung aus den 60er Jahren hatte sich die Mietklientel immer mehr verschlechtert. In den Ladengeschäften, die im Charme der späten 1960er Jahre gestaltet waren, hatten sich zuletzt ein Computerersatzteile- und Gebrauchtwarengeschäft, sowie ein Trödelwarengeschäft eingerichtet. Die zugehörige Klientel tummelte sich rauchend im Eingangsbereich des Gebäudes.
An den ehemaligen Glanz des Hauses erinnerte nur noch ein Stuckelement im Müllraum.
Die Alteigentümer waren offensichtlich der laufenden Instandhaltung nicht mehr gewachsen. An eine wirkliche Sanierung des Gebäudes und an einen am historischen Vorbild orientierten Rückbau war nicht zu denken.
In dieser Situation hat das EUROPEAN HERITAGE PROJECT das Haus im Februar 2019 erworben.

Kapuzinerkloster und Deutscher Hof, ca 1870


Ansicht von 1910


ARCHITEKTUR & GESCHICHTE

In unmittelbarer Nähe des in den 1870er Jahren erbauten, einstigen Kapuzinerklosters gelegen, das von 1603 bis 1807 das Stadtbild prägte, wurde das ehemalige Hotel „Deutscher Hof“ mehrfach umgebaut, wie etwa im Jahre 1905. In Dokumenten aus dieser Zeit wird der Hotelbesitzer Karl Harms als Bauherr genannt. Der letzte nennenswerte Umbau erfolgte 1912, was das Stadthaus im Wesentlichen veränderte, da hierbei die zwei oberen Stockwerke nachträglich hinzugefügt wurden. Historischen Dokumenten zufolge besaß das dreistöckige Gebäude mit Dachgeschoss nach seinem letzten Umbau vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs ein vollständig erschlossenes Walmdach mit sieben Dachgauben; ein Giebel war an der ursprünglichen Fassade nicht vorhanden. Das Gebäude beinhaltete zur Zeit seiner Erbauung spätklassizistische bis neobarocke Elemente, wie Gesimse, die das Haus in seine Etagen untergliederte, sowie Fensteröffnungen die, mit Ausnahme des Erdgeschosses, über Fensterläden und insgesamt sechs symmetrisch angeordnete französische Balkone verfügten, welche mit üppig floral geschmückten Eisenbalustraden versehen waren und sich durch dekorative Pilaster von der übrigen Fassade abgrenzten. Weiterhin säumte ein schlichtes Plattendekor das Erdgeschoss. Das Haus verfügte darüber hinaus über einen kleineren Seiteneingang zur rechten und über einen zentrierten von Säulen flankierten Gang.
Ursprünglich als kleines Hotel geplant und in Auftrag gegeben, wurde hier zudem 1910 das erste Kino Baden-Badens eröffnet. Nach 1912 wurden Hotel und Kino nach dem letzten Umbau geschlossen und das Gebäude in ein Wohnhaus umfunktioniert. Ab den 1960er Jahren wurde das Erdgeschoss zur Vermietung an Ladengeschäfte genutzt.

Zeichnung, 1923

Historische Ansichtskarte


BAULICHE SITUATION BEI ÜBERNAHME

Nach Durchführung einer Bestandsaufnahme zeigte sich die bauliche Situation kritischer als gedacht. Es wurden Leckagen im Dach mit Schäden an den Balkenauflagen festgestellt. Einige der in das Dachgeschoss eingebauten Appartements entsprachen nicht den Bauvorschriften. An der rückwärtigen Außenwand wurden Risse ermittelt. Die historischen Fenster waren mit der Zeit durch Kunststoffanlagen ersetzt worden. Das Treppenhaus mit Aufzugsanlage aus den 50er Jahren war in einem nicht akzeptablen Zustand.
Hauptproblem war jedoch die platzseitige Fassade des Gebäudes, die mit der ehemals prachtvoll gestalteten Erscheinung des Deutschen Hofs nichts mehr gemein hatte. Der historische Säulengang war abgetragen worden. Sämtliche Fassadengliederungselemente, wie etwa Brüstungen, Gesimse oder französische Balkone, waren abgeschlagen worden, sodass die Fassade eine schlichte, gleichmäßige und wenig aufregende Ebene bildete. In das Erdgeschoss waren große Schaufensterflächen eingebrochen worden, die zu allem Überfluss von einer uniformen Granitplattenschicht eingerahmt wurden. Im Eingangsbereich waren sämtliche Wandverkleidungen beseitigt und die historischen Zementfliesen durch pflegeleichte Badkacheln ersetzt worden.
Elektrik und alle Versorgungseinrichtungen waren defekt oder entsprachen nicht mehr den heutigen Vorschriften. Auch waren die übrig gebliebenen Balkone in einem nicht nutzbaren, da teilweise einsturzgefährdeten Zustand, einschließlich der rostigen Geländer.
Das gesamte Haus strahlte die Tristesse einer rein zweckmäßig orientierten Architektur der 1960er Jahre und in weiten Teilen eine fortgeschrittene Verwahrlosung aus.

historische Zeichnung, 1922


Fassade heute


BAULICHE SITUATION BEI ÜBERNAHME

Das in der Fußgängerzone gelegene Gebäude befand sich zur Zeit der Akquisition im Jahr 2013 in einem gut renovierten Zustand. Es mussten keine weiteren Arbeiten durchgeführt werden.
Das EUROPEAN HERITAGE PROJECT hat sich trotz der guten baulichen Situation gemäß § 3.2 der Statuten zu einem Kauf entschlossen, da das Gebäude einen hohen historischen Wert gemäß § 3.1.(a) besitzt und im Rahmen des Ensembleprojekts Baden-Baden einen wichtigen Baustein darstellt.
Restaurierungsarbeiten und Instandhaltungsmaßnahmen werden dennoch an den zum Teil maroden Balkonen durchgeführt werden müssen. Stellenweise verlegte Teppichböden sollen durch Fischgrätparkett aus Eichenholz nach Originalvorlage ersetzt werden und die Räumlichkeiten dadurch in ihren Ursprungszustand zurückgeführt werden.

ARCHITEKTUR & GESCHICHTE

Das viergeschossige Eckgebäude mit Geschäftsbereich im Erdgeschoss und Wohnungen in den oberen Stockwerken wurde 1893 von L. Treusch in reichen Neorenaissance-Stilformen errichtet. In den Jahren 1902 und 1903 wurde es vom Architekturbüro Treusch und Schober an der Küferstraße erweitert. Weiterhin zeichnet es sich dadurch aus, dass es insgesamt 9,5 Meter höher ist, als das anliegende ‚Haus Rössler‘. Das historisierende Gebäude mit Sandsteinfassaden verkörpert die architektonischen, gehobenen Ansprüche der Geschäftsleute und Bewohner Baden-Badens zur Gründerzeit. Das Erdgeschoss wurde seit jeher für Geschäftsräume genutzt, so eröffnete hier u. a. die erste Tchibo-Filiale Baden-Badens im Jahr 1961.
Das unter Denkmalschutz stehende Eckhaus zeichnet sich durch sein schlichtes Plattendekor im Erdgeschoss aus, das den auffälligen, mit blecherner Zwiebelhaube und durchgängigen Erkern ausgestatteten Eckturm stark kontrastiert. Zur Lange-Straße verfügt der Außenbereich über je zwei Balkone im zweiten wie auch dritten Stockwerk, sowie zwei französische Balkone im ersten Geschoss, deren gusseiserne Geländer floral geschmückt sind.
Besonders beeindruckend sind die Fassadengliederungselemente, die in einem Zusammenspiel aus unterschiedlichen Ornamentformen gestaltet sind, wie etwa die dreieckigen oder segmentierten Tympanone an den Fensteröffnungen, Zahnschnitt, Kartuschen, Roll- und Rankenwerk, Volumen und Muscheldekor, die jedem der oberen Stockwerke einen ganz einzigartigen Charakter verleihen. Das Blechdach verfügt zur linken und rechten Seite des Eckturms über jeweils vier Satteldachgauben.
Das große Portal, das über die Seitenstraße zu den Wohnungen führt, wurde aus massiver Eiche gefertigt, besticht aber mit einer gewissen Leichtigkeit dank seiner verspielten Eisengitter und Fensterelemente. Die Eingangshalle ist gekennzeichnet von einem Dekor im Jugendstil, welches zur Zeit des zweiten Umbaus im Jahr 1903 entstanden ist. Der Boden ist mit farbigen Zementfliesen verlegt, die Wände schmücken weiße ornamentale Kacheln. Das Treppenhaus ist ebenfalls dieser Stilistik zuzuordnen. Hier führt eine gusseiserne Wendeltreppe zu den Stockwerken, die die großen und üppig gestalteten dreigliedrigen Buntglasfenster in den Zwischengeschossen passiert. Die gläsernen Triptychen stammen aus der Kunstglaserwerkstatt Hermann Westermanns. Zu den Wohnungen gelangt man über aus dunklem Massivholz und Milchglas gefertigte, deckenhohe Portale mit Flügeltüren.
In den einzelnen Wohnräumen finden sich stellenweise dezente, weiß gestrichene Holzkassetten, hölzerne Wandvertäfelungen und Heizkörperblenden sowie schlichter Deckenstuck. Bei den aus Eichenholz gefertigten Originalböden handelt es sich in den einzelnen Zimmern um Fischgrätparkett und massive Holzdielen in den Fluren.

historische Bauzeichnung


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KAUFSITUATION

Nach Auflösung einer mehrere Jahrzehnte bestehenden Pension wurde die Villa in der Quettigstraße bis zum Jahr 2009 von einem älteren Ehepaar bewohnt. Als der Ehemann infolge eines Schlaganfalls verstarb, beschloss die hinterbliebene Eigentümerin das Gebäude zu verkaufen und zog recht bald aus. Das Haus stand infolge dessen über vier Jahre leer, bis das EUROPEAN HERITAGE PROJECT auf das erhaltenswerte Objekt aufmerksam wurde und es schließlich im November 2014 erwarb.

ARCHITEKTUR & GESCHICHTE

Ursprünglich wurde das Gebäude 1899 von den Architekten Treusch & Schober als Stadtvilla für die Familie des Landrats Winzer entworfen. Die Familie lebte nach Fertigstellung des neuen Domizils jedoch nur bis 1906 dort, danach folgte ein sehr reger Besitzerwechsel. Bereits ab 1914 änderte sich der Verwendungszweck des Gebäudes, und es wurde zu einer Pension umfunktioniert. Zwischen den Jahren 1914 und 1973 beherbergte die Gründerzeitvilla das „Fremdenheim Haus Bilz“, Besitzer und Betreiber war ein gewisser Hans Bilz. Die meisten der Zimmermieter lebten jedoch seit der Nachkriegszeit dauerhaft hier, somit war es kein von Durchreisenden oder Touristen frequentierter Ort.
Die eineinhalbgeschossige, verputzte und historisierende Villa ist mit Sandstein gegliedert. Besondere Verspieltheit verleiht der Fassade ein Risalit, oder Avant-corps, der sich auf ganzer Höhe aus der Fluchtlinie des Baukörpers als hervorspringender Gebäudeteil abhebt. Als Mittel zur Fassadengliederung greift das historistische Gebäude mit diesem Element ein typisches Gestaltungsmittel der Architektur der Renaissance und des Barocks auf. Auffällig ist auch der mit Fialen gezierte Giebelaufbau, das herrschaftliche Mansardendach und die Balkone mit schmiedeeisernen Geländern, darunter auch eine überdachte, zu schweben scheinende Veranda. Die schmiedeeisernen Elemente des Hauses erinnern an die Gusseisen-Architektur, die im England und Schottland des 19. Jahrhunderts im Zuge des sogenannten Gothic Revivals entstanden ist und hochmoderne Materialien mit filigran, komplex-symmetrischen Formen, wie sie in der Hochgotik Verwendung fanden, verbindet. Eine Bauweise, die sich häufig in der Parkarchitektur des viktorianischen Englands wiederfindet.
Im Inneren überzeugt die Architektur der Villa durch einen großzügig gestalteten, schlichten Treppenaufgang, eindrucksvoll ist ebenso die Zimmergestaltung, die von Wandschrägen und Winkeln geprägt ist und dadurch eine gewisse Intimität schafft, aber aufgrund der Deckenhöhen und zahlreichen Fenster ebenso eine Offenheit und Leichtigkeit verschafft.
Die Erhaltung des unter Denkmalschutz stehenden Gebäudes liegt aus kunsthistorischen, aber auch heimatgeschichtlichen Gründen im öffentlichen Interesse, da es ein wichtiges Beispiel in der Entwicklung des Landhausbaus in der Kurstadt Baden-Baden darstellt.

Architektonische Zeichnung 1899


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Außenansicht 1912


Außenansicht 1926


BAULICHE SITUATION BEI ÜBERNAHME

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Die Außentreppe war durch in den 1970er Jahren verlegte Waschbetonplatten entfremdet worden, diese wurden entfernt und durch historische Sandsteinplatten ausgetauscht. Im Dachbereich erfolgte ein massiver Rückbau, nachträglich wurde die auf originalen Bauplänen verzeichnete Dachterrasse wieder angelegt. Ebenfalls erfolgte die Rekonstruktion des abgetragenen Giebelelements. Die Fahnenstange am Seitenturm wurde wieder abgesetzt. Rostige Regenrinnen aus Blech wurden durch historisch akkurate Kupferrinnen ersetzt. Zudem wurden Sanitäreinrichtungen zurückgebaut. Bei den erhaltenen Kastenfenstern erfolgten Farbabtragungen, nachträglich eingesetzte Kunststofffenster wurden wieder entfernt und durch historisch orientierte Rekonstruktionen ausgetauscht.
Im Innenbereich wurden die Böden sowie die zu den einzelnen Etagen führende Holztreppe und die teilweise vorhandenen Holzvertäfelungen überarbeitet. Diese Elemente waren mehrheitlich erhalten, lediglich einige wenige, stark beschädigte und irreparable Segmente mussten partiell durch Nachbauten ergänzt werden. Der filigrane Deckenstuck wurde ergänzt und teilweise rekonstruiert.
Die modernen Fliesen im Innenbereich wurden beseitigt und durch architekturhistorisch entsprechenden Ersatz aus Zement ausgetauscht.
Die originalen Rollladensysteme wurden überholt und wieder funktionstüchtig gemacht. Alle Leitungen für Strom, Wasser und Telefon wurden vollständig neu installiert.
Der Sandstein befand sich insgesamt in gutem Zustand wurde lediglich stellenweise stabilisiert, Risse gefüllt und mittels Sandstrahlen von Verrußungen befreit.
Die Fassade wurde gänzlich überarbeitet, dabei teilweise neu verputzt und komplett gestrichen. Schmiedeeiserne Elemente, wie etwa Balustraden wurden von Farbe und Rost befreit und neu versiegelt In dieser Weise wurde auch der Balkon im ersten Stock statisch überarbeitet.

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KAUFSITUATION

Nach teilweise jahrzehntelangem Leerstand, mit Ausnahme eines Lebensmittelgeschäfts im Erdgeschoss, war das Gebäude am Sonnenplatz in einem äußerst vernachlässigten Zustand, da seit seiner Erbauung keinerlei Instandhaltungsmaßnahmen durchgeführt worden waren. An einer deutlich exponierten Stelle gelegen und seit jeher stark stadtprägend, empfanden die örtlichen Behörden den Zustand des Eckgebäudes umso mehr als besorgniserregend. Als das Haus schließlich im Jahr 2004 zum Verkauf stand, machte man an dieser Stelle das EUROPEAN HERITAGE PROJECT hierauf aufmerksam und garantierte zudem eine Bezuschussung für die anstehenden Restaurierungsmaßnahmen. Das Denkmalamt betonte die historische sowie kulturelle Wichtigkeit des Hauses, und so kam es schließlich im Dezember 2004 zur Akquisition durch das EUROPEAN HERITAGE PROJECT, um den Wiederaufbau durchzuführen. Diese Situation markierte den Beginn des großflächigen und umfangreichen Baden-Baden-Projekts.

GESCHICHTE

Das Wohn- und Geschäftsgebäude „Sonnenhof“ am Sonnenplatz wurde 1900 nach Plänen von Adolf und Heinrich Vetter, die zugleich Bauherren waren, erbaut. Ursprünglich befanden sich an dessen Stelle zwei kleine Häuser, die als Wohnhäuser mit kleinen Geschäften im Erdgeschoss genutzt wurden. Sie standen innerhalb der bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts bestehenden Stadtmauer, gegenüber der Badeherberge „zur Sonne“, die bereits im 15. Jahrhundert gegründet wurde und zugleich namensgebend für den späteren Sonnenplatz werden sollte. Vier alte Häuser zeugten an seiner Stelle noch bis zum Jahr 1850 von den beengten Verhältnissen innerhalb der Stadtmauer. Diese wurden abgerissen, um eine großzügige Verbindung zwischen der jahrhundertealten Gernsbacher Straße und der neu angelegten Sophienstraße zu schaffen. Der Sonnenplatz war entstanden.
Das Abrissschicksal ereilte auch die beiden Häuser, als die Architekten Vetter 1899 die Gebäude übernahmen. Die Adresse Sonnenplatz 1 wurde eigens neu geschaffen.
Das darin geplante Hotel sollte den Namen “Sonnenhof” erhalten. 1901 wurde es schließlich eröffnet. 20 Fremdenzimmer mit 30 Betten und ein bestens ausgestattetes Restaurant für 100 Personen hätten ein besonderer Anziehungspunkt in diesem Teil der Stadt werden können. Realität wurde eine erfolgreiche Führung des Hotels “Sonnenhof” nicht, weswegen es nach nur sechs Jahren wieder geschlossen wurde. Die folgende Nutzung als Wohn- und Geschäftshaus dauerte bis zum Frühjahr 1919.
Nachdem Theodor David Köhler (1880-1942) das Hotel „Nest“ im Jahr 1920 verkauft hatte, gründete er gemeinsam mit seiner Frau Auguste Mittel Stern (1876-1942) das Hotel „Tannhäuser“ im ehemaligen „Sonnenhof“. Bereits nach kürzester Zeit hatte sich das Hotelierspaar einen großen Kreis an zufriedenen, vornehmlich jüdischen Stammgästen aufbauen können. Als die antisemitischen Tendenzen allmählich zur Tagesordnung wurden, hatte man den Eheleuten 1938 verordnet, das Hotel in „Köhler Stern“ umzubenennen. Schließlich kam es im Jahr 1939 zu einer Zwangsveräußerung des Besitzes der Eheleute. Theodor Köhler hatte das historistische Gebäude am 14. Februar an den Fischhändler Rudolf Höfele für 68.000 Reichsmark verkaufen müssen, wobei man eine Steuer von 65.800 Reichsmark erhoben hatte, die der Hotelier Köhler mit sofortiger Wirkung an die Stadt Baden-Baden abzutreten hatte. Im Jahr 1940 hatte man die Köhlers in das ehemalige französische Internierungslager Gurs deportiert. 1942 fanden die Eheleute im Konzentrationslager Auschwitz einen inhumanen Tod.
Heute erinnern zwei in den Boden eingelassene Stolpersteine am Sonnenplatz 1 an Theodor und Auguste Köhler.
Bis zum Jahr 1987 Jahr betrieb Höfele hier sein renommiertes Fachgeschäft für Fisch, Wild und Geflügel. Das Haus mit der bewegten Vergangenheit wurde und wird weiter als Wohn- und Geschäftshaus genutzt.

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ARCHITEKTUR

Der dreigeschossige Putzbau mit Sandsteingliederung ist in reichen neogotischen Formen gestaltet. Er ist durch einen Eckturm mit Erkern gekennzeichnet, der von einer Zwiebelhaube mit Spitze gekrönt wird. Das Dach verfügt über sechs zusätzliche Gauben, die ebenfalls von Zwiebelhauben bedeckt sind. Weitere neogotische Elemente finden sich in den Rund- und Spitzbögen, die als Fenster- und Türöffnungen dienen, und in den Fassadengliederungselementen, wie etwa den Lisenen, sowie im Strebe- und Maßwerk. Im Treppenhaus ist wiederum ein durchgängiges Dekor im Jugendstil dominant, vom Decken- und Wandstuck über die filigranen Treppengeländer und ornamentierten Zementfliesen bis hin zu den Türstöcken und Arabesken, die als zierende Türbögen dienen.
Eine wichtige Rolle spielte das Symbol der Sonne in der architektonischen Innen- wie Außengestaltung. Es findet sich vereinzelt an der Fassade, über dem Eingang begrüßt ein aus Sandstein herausgearbeiteter Frauenkopf mit einer Sonnenblume als Kopfschmuck die eintretenden Bewohner und Gäste des Hauses. Ebenfalls findet sich eine Sonnenuhr in einem der beiden Giebel unter dem Dach.
Das Gebäude mit seinem noch original bestehenden Treppenhaus gilt als wichtiges Beispiel des Ausbaus der Baden-Badener Innenstadt.

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BAULICHE SITUATION BEI ÜBERNAHME

Zur Zeit der Akquisition war deutlich, dass eine vollständige Generalsanierung erfolgen musste. Die sichtbare Sandsteinfassade war mürbe und rissig durch die eingedrungene Feuchtigkeit und massive Frostschäden. Die unteren Etagen und Kellerräume wiesen ebenfalls starke Schäden im Mauerwerk auf, wie etwa erhebliche Salzausblühungen. Das teilweise aus Blech und Ziegeln gefertigte Dach und die Kupfertürmchen waren ebenfalls in einem maroden Zustand. Weiterhin waren in den einzelnen Etagen einige Decken aufgrund von Balkendurchbrüchen nicht länger tragfähig.
Nach Abklärungen mit dem örtlichen Bauamt und dem Denkmalschutz konnte, nach anfänglicher Gebäudesicherung schließlich 2015 mit der tatsächlichen Restaurierung begonnen werden. Fünf Monate lang waren damals Bauarbeiter, Handwerker und Restaurateure damit beschäftigt, das geschichtsträchtige Haus am Sonnenplatz in altem Glanz erstrahlen zu lassen. Im Frühjahr 2016 waren die umfangreichen Sanierungsarbeiten an dem denkmalgeschützten Haus schließlich abgeschlossen. Für die Stadt Baden-Baden und das EUROPEAN HERITAGE PROJECT ereignete sich aber nur drei Jahre später eine folgenschwere Tragödie, die einen herben Rückschlag für alle Parteien bedeutete. Das Gebäude wurde am 15. Juni 2019 durch ein Großfeuer schwer beschädigt, sodass eigentlich nur noch die Außenmauern standen. Doch bis heute bleibt die Brandursache unbekannt. Es drohte erneut ein Verlust der gesamten Bausubstanz.
Der Brand war im Dachbereich ausgebrochen und zerstörte große Teile des Gebäudes. Der gesamte Dachstuhl und das oberste Stockwerk waren vollständig ausgebrannt. Brandschäden gab es mit abnehmender Tendenz in den unteren Geschossen, dort waren jedoch die Hauptschäden durch das eingedrungene Löschwasser entstanden. Im Wesentlichen konnte man sagen, dass nur mehr die sandsteinernen Außenwände als stumme Zeugen des Brandereignisses standen. Doch auch diese drohten einzustürzen. Nach ersten Maßnahmen zur statischen Sicherung und einer nun folgenden Trockenlegung, der durch das Löschwasser entstandenen Schäden, wird sich das EUROPEAN HERITAGE PROJECT dennoch wieder mit großem Engagement einer erneuten Restaurierung in vollem Umfang widmen.

Zeitungsartikel vom 16. Juni 2019


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KAUFSITUATION

Die Villa Kettenbrücke erfuhr seit den 1950er Jahren stetige Besitzerwechsel. Zuerst erwarb sie nach Ende des Zweiten Weltkriegs ein Landwirt aus Münster, der sie 1959 an eine Liechtensteiner Aktiengesellschaft verkaufte. Mitte der 1980er Jahre ging die Villa an eine lokale Immobiliengesellschaft, die weiträumige Renovierungen vornehmen und zudem Garagen und Stellplätze im Innenhof errichten lassen wollte. Dennoch verliefen die Pläne im Sande. Zwischenzeitlich diente das Haus immer wieder als Filmkulisse, bis es 2011 schließlich von einem russischen Oligarchen übernommen wurde, der das bis dahin bewohnte Gebäude in einer ersten Initiative für den Eigenbedarf entmieten ließ. Der neue Besitzer strebte an, das denkmalgeschützte Gebäude wieder herrichten zu lassen, geplant war ein repräsentativer Alterssitz für ihn und seine Familie. Doch dieses Vorhaben wurde nicht verwirklicht, der neue Besitzer hatte scheinbar das Interesse an der Umsetzung verloren. Konsequenz dessen war, dass der sechsjährige Leerstand zu weiteren Verwahrlosungen geführt hatte, darüber hinaus haben sich immer wieder Hausierer in der Villa einquartiert, die die Räumlichkeiten teilweise vermüllt und im Winter gar offene Feuer im Erdgeschoss gelegt hatten. Es kam mehrfach zu Vandalismus, so wurden beispielsweise immer wieder Scheiben eingeschlagen oder Türen eingetreten. Besorgt über den desolaten Zustand kontaktierten Anlieger schließlich das EUROPEAN HERITAGE PROJECT und erhofften sich dadurch eine Aufnahme der Villa Kettenbrücke in das Portfolio der Organisation. Über einen Mittelsmann konnte schließlich der Kontakt zu dem Besitzer aufgenommen und das Objekt im Februar 2019 akquiriert werden.

GESCHICHTE

Ursprünglich im Jahr 1888 für den Baden-Badener Hotelier Paul Riotte und seine Frau Mathilde Silberrad geplant, wurde die „Villa Kettenbrücke“ von den Architektenbrüdern Vetter entworfen. Die Fertigstellung erfolgte schließlich 1902 für einen neuen Bauherren, den renommierten Tiermediziner und Naturforscher August Lydtin (1834-1917). Allerdings geht die Geschichte der herrschaftlichen Gründerzeitvilla bereits auf das Jahr 1826 zurück. Vor dem Umbau im Jahr 1902 war das Gebäude jedoch nur einstöckig, ebenfalls änderte sich die architektonische Stilistik während des Umbaus maßgeblich.
Nach Ende des Ersten Weltkriegs wurde die Villa jedoch zu einem Mietshaus umfunktioniert. Hier lebten vor allem Personen hohen gesellschaftlichen Ranges, wie etwa Dorothea von Frankenberg und Ludwigsdorf, der Gerichtsassesor Hermann Grote, Regierungsrat Max Timme oder der Generalleutnant Theodor Stengel.
In dieser Zeit wurde das Gebäude an der Lichtenthaler-Allee ebenfalls Zeuge eines düsteren Abschnitts deutscher Geschichte. Seit dem Jahr 1923 lebte hier Emilie Barbara Greiner zur Miete (1882-1940), eine diagnostizierte Paranoia-Patientin. Zeit ihres Lebens war sie in mehreren Heil- und Pflegeanstalten untergebracht worden, bis man sie im Jahr 1940 in die Tötungsanstalt Grafeneck bei Gomadingen im baden-württembergischen Landkreis Reutlingen ‚verlegt‘ hatte. Dort ließ man sie am 11. November desselben Jahres im Rahmen der Aktion T4 ermorden. Die Aktion T4 war eine zwischen den Jahren 1940 und 1941 gebräuchlich gewordene Bezeichnung für die systematische Ermordung von mehr als 70.000 Menschen mit körperlichen, geistigen und seelischen Einschränkungen in Deutschland, die unter Leitung der Zentraldienststelle T4 stattfand. Die Aufgabe der vermeintlichen Behörde war die Organisation und Durchführung der „Erwachseneneuthanasie“ und der „Häftlingseuthanasie“. Diese Ermordungen waren Teil der Krankenmorde zur Zeit der nationalsozialistischen Diktatur, denen bis 1945 mehr als 200.000 Menschen zum Opfer fielen.
Heute erinnert ein im Boden verlegter ‚Stolperstein‘, eine kopfsteinpflasterförmige Gedenktafel aus Messing, vor dem Eingang der Villa Kettenbrücke an das tragische Schicksal des Euthanasieopfers Emilie Barbara Greiner.

Architektonische Zeichnung der Geb. Vetter


Detailansicht


ARCHITEKTUR

Die großzügige, zweigeschossige, verputzte, mit Sandstein gegliederte Villa mit Ecktürmchen, das mit einer Laterne versehen ist, zeichnet sich u. a. durch schmiedeeiserne Balkongeländer aus. Die Villa verfügt Richtung Norden über einen Giebel im spätklassizistischen Stil. Besonders auffällig ist die zweigliedrige Gestaltung des Hauses, so fallen hierbei insbesondere die beiden eineinhalb Stockwerke hohen Mansardenwalmdächer mit ihren zahlreichen Tonnendachgauben auf.
Die zur Maria-Viktoria-Straße gerichtete Fassade besticht durch eine schlichte Geradlinigkeit mit schmalem Hauseingang und strikt gegliederter Fenster- und Fassadeneinteilung.
Eine gewisse Verspieltheit offenbart sich zur hofseitigen Gartenanlage, geprägt durch eine im Außenbereich angelegte, gusseiserne Wendeltreppe, die die beiden Flügel des Gebäudes optisch zu trennen scheint. Das besondere Schmuckstück sind jedoch die großzügigen Wintergärten im Erdgeschoss und den beiden oberen Stockwerken, deren Kunstglasfenster von botanisch anmutenden Orchideenblütenranken geschmückt sind.
Besonders ist auch die idyllisch-ruhige Lage des Anwesens, umgeben von Bäumen und einem Gewässer. Die Villa liegt unmittelbar an der grünen Lunge und berühmten Flaniermeile Baden-Badens, der Lichtenthaler-Allee, und verfügt über eine flussseitige Ostfassade.
Das Gebäudeinnere ist geprägt von zahlreichen, noch im Originalzustand erhaltenen Parkett- und Dielenböden, Flügeltüren, Wand- und Deckenstuck, Holzkassetten und -vertäfelungen, historischen Wandkacheln und Zementfliesen, massiven Treppengeländern und Portalen und vielen weiteren dekorativen Elementen, die auf das Jahr 1902 zurückzudatieren sind.
 


BAULICHE SITUATION BEI ÜBERNAHME

Bereits in den 1930er Jahren begann der allmähliche Verfall der Villa Kettenbrücke. Dokumenten zufolge waren die elektronischen Leitungen bereits 1937 als unzureichend und potenzieller Brandherd klassifiziert worden, wie auch Feuchtigkeitsschäden im Erdgeschoss bemängelt wurden. Der Zustand des Gesamtobjekts war seit jener Zeit zunehmend traurig geworden. Zu Zeit des Erwerbs durch das EUROPEAN HERITAGE PROJECT im Jahr 2019 war die Bausubstanz in einem allgemein desolaten Zustand. Strom- und Wasserleitungen wurden seit mehr als acht Jahrzehnten nicht erneuert, was das Haus nicht nur unbewohnbar machte, sondern zudem eine Gefahrenquelle darstellte, da die Leitungen zum einen marode waren und das Haus zum anderen nicht einmal geerdet war. Auch Wände und Statik insgesamt sind in einem baufälligen Zustand. Das Haus wird dementsprechend mit einer vollkommen neuen Grundversorgung ausgestattet werden müssen, nachdem es entkernt wurde. Trotz des desolaten Zustands ist es äußerst beachtlich, dass die historischen Merkmale insgesamt aber zum Großteil vorhanden sind, was eine vollkommene Restaurierung im ursprünglichen Sinne ermöglicht. Die Verwendung von Rekonstruktionen wird rein äußerlich nur marginal benötigt werden. Momentan ist die Villa in zehn Mietwohnungen untergliedert. Voraussichtlich soll die Aufteilung aber auf sechs zurückgebaut werden, hierbei soll sich an der ursprünglich historischen Raumaufteilung orientiert werden.

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