„Valletta als Ganzes ist ein architektonisches Meisterwerk. Umgeben von den emporragenden und majestätischen Festungsanlagen, die von den Rittern des Johanniterordens erbaut wurden, ist es eine Schatzkammer architektonischer Schönheit.“
(Valletta, Europäische Kulturhauptstadt 2018)
Im Jahre 2014 konnte das European Heritage Project einen der orginalsten, ritterlichen Kleinpaläste in La Valetta erwerben, ein Musterbeispiel für die unverwechselbare, ritterliche Kalksteinarchitektur der Stadt. In unmittelbarer Nähe zu den Upper Barrakka Gardens und der St. John’s Co-Cathedral, überblickt der Palast die Three Cities und den Grand Harbour.
Erstmalig zur Blütezeit La Vallettas im frühen 17. Jahrhundert, unter dem Johanniterorden (später Malteserorden genannt) errichtet und 1699 erweitert, fügt sich das Gebäude nahtlos in das Schachbrettmuster der Stadt ein, einem revolutionären Stadtplanungskonzept, das seiner Zeit voraus war.
1980 wurde das gesamte Stadtgebiet La Valettas durch die UNESCO zum Weltkulturerbe erhoben.
KAUFSITUATION
Der ursprünglich einheitliche Gebäudekomplex konnte in den Jahren 2014 und 2016 in zwei Schritten erworben werden. Unter der sozialistischen Regierung war das Gebäude in den 1970er und 1980er Jahren nach mehreren Eigentümerwechseln enteignet und in Eigentumswohnungen aufgespalten worden. Um die Grundfläche weiter zu erhöhen, wurden im Zuge dieser Umgestaltungen in die großen historischen Räume Zwischendecken eingezogen, die zusätzlichen Wohnraum mit einer Deckenhöhe von weniger als 2 Meter, teilweise sogar nur 1,70 Meter, schufen. Seit der Errichtung neuen, moderneren Wohnraums außerhalb Vallettas ab den 1990er Jahren wurde die Immobilie von ihren Bewohnern nach und nach verlassen und stand seit Anfang der 2000er Jahre praktisch leer. 2014 gelang es dem European Heritage Project, Kaufverträge mit den diversen Eigentümern der leerstehenden Wohnflächen abzuschließen. 2016 schließlich verkauften auch die verbliebenen Wohnungseigentümer und zogen in ein modernisiertes Gebäude. Damit konnte die historische Einheit des Ensembles wiederhergestellt werden.
GESCHICHTE
Seit der Belehnung durch Kaiser Karl V. im Jahr 1530 war Malta Einflussgebiet des Johanniterordens, aus welchem später der souveräne Malteser-Ritterorden entstand, der nach den Auszügen aus Palästina (1291) und Rhodos (1522) hier seinen Rückzugsraum fand. Nach dem Sieg der Ordensritter über türkische Belagerungstruppen im Jahr 1566 entschloss sich dessen Großmeister Jean Parisot de la Valette (1494-1568), die zerstörte Festung St. Elmo wiederaufzubauen und zusätzlich eine vollständig neue Festungsstadt in der westlichen Verlängerung der zugehörigen Halbinsel zu errichten – das heutige La Valletta. Der spanische König Phillip II. (1527-1598), vor allem aber Papst Pius V. (1504-1572) sagten finanzielle Unterstützung zu. Pius V. sandte außerdem seinen besten Militäringenieur Francesco Laparelli (1521-1570) nach Malta, um das Vorhaben umzusetzen. Die Stadt wurde sowohl unter militärstrategischen als auch unter repräsentativen Gesichtspunkten als modernste Stadt der Welt geplant. Logistik, Infrastruktur, Wasserversorgung und die gesamte Entsorgung folgten einem ausgeklügelten Konzept. Die Straßenführung wurde unter dem Gesichtspunkt der Frischluftversorgung schachbrettartig geplant. Nachdem Laparelli 1568 die Insel wieder verließ, setzte sein Adlatus Gerolarmo Cassar die Arbeiten fort.
In diese Zeit fällt auch die Errichtung des heute vom European Heritage Project betreuten Palazzinos in der Strada Pia, der heutigen Melita Street. Die Straße verband den östlichen und den westlichen Teil der Halbinsel und war als Anerkennung für seine Unterstützung nach Papst Pius V. benannt worden. Der Kleinpalast selbst befand sich nahe der südwestlich gelegenen St. Peter und St. Paul Bastion und damit auch nahe des Landzugangs zu Valletta. Von hier aus hatte man nur wenige Schritte zu den Lower Barrakka Gardens, die 1661 als Erholungsraum für die Ordensritter angelegt worden waren. Vom Palazzino selbst hat man einen strategischen Blick auf den großen Hafen, das Fort San Angelo und die südlichen Meerespassagen.
1798 musste der Orden vor der Napoleonischen Flotte kapitulieren und wurde aufgelöst. Die Strada Pia wurde entsprechend der revolutionären Doktrin in Rue de la Félicité Publique umbenannt. Nachdem das französische Interregnum bereits zwei Jahre später wieder geendet hatte, erhielt die Straße zunächst ihren volkstümlichen Namen Strada del Gran Falconiere wieder, was auf die dort stattfindende Falkenzucht hinwies.
Als eines der Ergebnisse des Ersten Pariser Friedens 1814 wurde Malta englische Kronkolonie. Im Zuge einer Anglisierungskampagne nach dem Ersten Weltkrieg wurde die Strada del Gran Falconiere ab 1927 in Britannia Street umbenannt. Erst nach der Unabhängigkeit 1964 erhielt sie ihren heutigen Namen Melita Street, in Anspielung auf den bronzezeitlichen Ort Melite, der sich als Relikt unter der Zentralstadt Mdina befindet. Seit 1980 findet sich die gesamte historische Altstadt von Valletta auf der Liste des UNESCO-Welterbes. 2018 wurde La Valetta zur europäischen Kulturhauptstadt gekürt.
ARCHITEKTUR
Der Gebäudekomplex wurde vom Stadtbaumeister Francesco Laparelli (1521-1570) konzipiert, aber erst unter Gerolarmo Cassar (1520-1592) 1583 tatsächlich errichtet. Mitte des 17. Jahrhunderts konnte Pierre de Roussillon, Ritter des Johanniterordens, das Anwesen als repräsentative Residenz erwerben und um ein Stockwerk und andere Mehrungen erweitern. Der Kleinpalast erstreckt sich heute über drei Stockwerke auf einer Grundfläche von 520 m² und einer Geschossfläche von etwa 1.150 m².
Der Gebäudekomplex befindet sich auf der südwestlichen Hangseite der Halbinsel. Er ist, wie fast alle Gebäude der Altstadt, aus dem typisch hellbraunen, relativ weichen Kalksandstein erbaut, der im Südwesten Maltas abgebaut wird. Das Ensemble besteht im Wesentlichen aus drei Gebäudeteilen, die sich um einen gemeinsamen Innenhof gruppieren.
Im straßenseitigen Gebäude befinden sich die Repräsentationsräume mit Deckenhöhen von bis zu fünf Metern. Hier sind die Empfangshalle und die Bibliothek im Erdgeschoss sowie der Rittersaal im ersten Obergeschoss angesiedelt. Im Erdgeschoss des rückwärtigen Gebäudes liegen die Funktionsräume sowie die darüber befindlichen Schlafräume, die sich über drei Stockwerke verteilen. Das vierte Geschoss ermöglicht von seiner Dachterrasse aus eine weite Sicht über das Meer hinüber zum Fort San Angelo.
Der Innenhof beleuchtet und belüftet die angrenzenden Gebäudeteile und ermöglichte einst über eine Seilvorrichtung den vertikalen Transport schwerer Güter. Um den Innenhof und im Eingangsbereich verschönern zahlreiche Gewölbe- und Bogenkonstruktionen den Gesamteindruck. Bemerkenswert ist neben dem imposanten Treppenhaus auch die aus purem Stein geschlagene Spindeltreppe, die alle Stockwerke sowie die Kelleranlagen miteinander verbindet.
Die gesamte Anlage ist gewölbeartig unterkellert. Durch die ausgeklügelte Architektur des Gebäudes sind selbst die Kellerräume adäquat durchlüftet. Unter dem gesamten Komplex befinden sich mehrstöckige Zisternen, die in den Fels getrieben wurden. Noch heute erfolgt ein Großteil der Wasserversorgung über diese unterirdischen Stollen.
Die Straßenfassade ist bewusst schlicht gehalten. In landestypischer Manier wurden zahlreiche Außenbalkone und -erker, die sogenannten „Gallariji“, angebaut. Die Gallariji und auch die übrigen smaragdgrün gestrichenen Holzelemente, wie Türen und Fensterrahmen, bilden traditionell einen strahlenden Kontrast zum hell-matten Sandkalkstein der Fassade.
SANIERUNG
Der gesamte Komplex hatte seit vielen Jahren leer gestanden. Die Flachdachkonstruktionen konnten den winterlichen Regenfällen nicht mehr standhalten und waren teilweise eingebrochen. Auch sonstige Reparaturen und Instandhaltungsmaßnahmen an den Gebäuden waren seit Dekaden nicht mehr vorgenommen worden. Rohrleitungen waren wegen nicht fließenden Wassers durchgerostet. Die Fassade des Gebäudes neigte sich gefährlich nach außen. Im Keller wiesen einige Gewölbe und Streben Risse auf. Der Leerstand stellte sich aber nicht als einziger Missstand heraus. Probleme ergaben sich auch aus der Parzellierung der Anlage in neun unabhängige Eigentumswohnungen. Diese Umwidmung hatte zahlreiche, gravierende Eingriffe in die Substanz zur Folge. Am Schwerwiegendsten war wohl der nachträgliche Einbau von zusätzlichen Decken, die die historische Struktur der großen Säle horizontal zerschnitt. Die Parzellierung hatte auch zur Folge, dass zahlreiche Zwischenwände neu eingefügt und Sanitäranlagen willkürlich in die vorhandene Substanz eingebracht worden waren. Die meisten Maßnahmen waren darüber hinaus ohne ausreichende statische Absicherung erfolgt. Hier drohte in manchen Gebäudebereichen der Einsturz. Die historischen Fenster waren stellenweise durch einfache Kunststofflösungen ersetzt worden.
Der erste Schwerpunkt der Restaurierungsarbeiten lag auf der strukturellen und statischen Sicherung des Gebäudes. Dachundichtigkeiten mussten, sofern noch möglich, behoben werden. Dort, wo die Dachkonstruktion einschließlich der gesamten tragenden Holzbalken jedoch stark nachgegeben hatte, musste ein neuer Aufbau erfolgen. Einbauten, die die Statik der Gebäude gefährdeten, mussten beseitigt werden. Einen unerwartet großen Aufwand verursachte die Zisternenanlage. Aufgrund der zahlreichen Eingriffe in das Gebäude war deren Funktion deutlich geschwächt. So musste die gesamte Anlage über zwei unterirdische Etagen verstärkt und teilweise neu aufgemauert werden. Der gefährlichen Neigung der straßenseitigen Fassade konnte durch Ankersetzungen entgegengewirkt werden. Im Keller wurden zahlreiche Risse an den Gewölben geflickt und gefüllt, dabei mussten teilweise Streben neu aufgebaut werden. Ebenfalls musste die Kalksandsteinfassade vollständig von Verrußungen befreit werden.
In der zweiten Phase erfolgte der schonende Rückbau der durch die Parzellierung durchgeführten Maßnahmen. Insbesondere die Beseitigung der neuzeitlichen Deckenkonstruktionen in den großen Repräsentationsräumen zeigte Wirkung.
In der dritten Phase ging es darum, die ursprünglich konzipierte Nutzung der Gebäude wiederherzustellen. Sämtliche Steinverbauungen wurden fachmännisch mit aufwändiger Technik restauriert und, wo fehlend, ergänzt. Die Fenster- und Türanlagen wurden restauriert und gegebenenfalls ergänzt, Beschläge überarbeitet oder historisch zugekauft. Sämtliche Außenbalkone und -erker, die traditionellen „Gallariji“, mussten durch Schreinerarbeiten vollständig überholt und neu gefasst werden. Die einzelnen Räume wurden ihrer historischen Funktion entsprechend zugeteilt. Die Grundversorgung mit Energie und Wasser wurde auf den technischen Stand der Zeit gebracht.
Der Innenhof erhielt einen modernen Glasaufzug, damit die einzelnen Stockwerke barrierefrei zugänglich wurden. Zusätzlich führt jetzt eine schwebende Treppe in den oberen Stockwerken bis zum Dach auf die Dachterrasse.
HEUTIGE NUTZUNG