Das im historischen Cape Dutch Stil erbaute Weingut Vergenoegd Löw von 1696 ist eines der ältesten Zeugnisse der frühen niederländischen Siedlungsgeschichte in Südafrika
An der Stellenbosch Wine Route, direkt an den Eersterivier angrenzend, liegt das Weingut Vergenoegd Löw nur 40 Kilometer von Kapstadt entfernt in der südafrikanischen Region Westkap. Vom Manor House blickt man auf den Helderberg im Osten und den Tafelberg, der sich im Nordwesten erhebt.
Im Jahr 1696 bekam der Vrijburger Pieter de Vos die bis dahin unbewohnten und brachen Grünflächen des späteren Guts Vergenoegd Löw von der Niederländischen Ostindien-Kompanie durch eine Schenkung. Ziel war es den Handelsposten der Gesellschaft in Kapstadt durch Ansiedlung von Siedlern zu sichern. Unmittelbar nach Erwerb wird Vergenoegd, wie es damals noch hieß, bereits als landwirtschaftlicher Betrieb in den Urkunden erwähnt. Aus den Bestandslisten ergibt sich, dass schon damals Weinanbau betrieben wurde. Damit zählt Vergenoegd Löw zu den drei ältesten noch bestehenden Weingütern auf der südlichen Hemisphäre des afrikanischen Kontinents.
Der historische Kern des Anwesens liegt auf einer Werf (Hof) und besteht aus zahlreichen Farmhäusern sowie mehreren historischen Arbeiterunterkünften.
Was Vergenoegd Löw neben seiner reichen Geschichte und den önologischen Spitzengewächsen besonders macht, ist die gut erhaltene Bausubstanz, die seit der Errichtung weitgehend unverändert blieb. Im Cape Dutch Stil, der traditionellen „Afrikaner“ Architektur, also der aus dem Holländischen inspirierten Bauweise der holländisch-burischen Siedler, erbaut, ist Vergenoegd Löw ein Zeugnis der frühesten niederländischen Siedlungsgeschichte Südafrikas.
Vergenoegd Löw zählt heute nicht nur zu den erhaltenswertesten Kulturgütern und Baudenkmälern des Landes, die Regierung Südafrikas hat 2021 angekündigt Vergenoegd Löw bei der UNESCO in die Liste der Weltkulturerbe-Denkmäler eintragen zu lassen.
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Als die Faures, eine Siedlerfamilie französischen Ursprungs, Vergenoegd Löw im Jahr 2015 nach 14 Generationen Familienbesitz aufgeben mussten, wurde das European Heritage Project auf das kulturell wertvolle Anwesen, das eines der ältesten und größten Weingüter Südafrikas beherbergt, aufmerksam.
Die letzten Faures waren finanziell nicht mehr in der Lage die notwendigen Investitionen vorzunehmen. Das Gut befand sich aufgrund jahrzehntelanger Vernachlässigung in einem schlechten Zustand. Die gesamten Anlagen waren desolat und teilweise nicht mehr funktionsfähig. Sonst häufig anzutreffende Veränderungen an der Substanz waren daher ebenfalls unterblieben, was sich als Vorteil herausstellen sollte. Das gesamte Anwesen verkörperte ein weitgehend unverfälschtes, wenn auch ruinöses Beispiel der frühen Siedlungskultur Südafrikas.
Obwohl eigentlich nicht in Europa gelegen, stellt Vergenoegd Löw dennoch auch ein transkontinentales Zeugnis europäischer Architektur dar. Aus diesem Grunde hat das European Heritage Project Vergenoegd Löw in seine Projektliste aufgenommen. 2015 konnte das Anwesen mit 180 Hektar Land erworben werden.
Die umfangreichen Sanierungs- und Restrukturierungsmaßnahmen konnten im Jahr 2021 weitgehend abgeschlossen werden. Dabei wurde nicht nur auf eine intensive Zusammenarbeit mit dem Denkmalschutz geachtet, sondern auch auf eine nachhaltige Reaktivierung der Landwirtschaft. Diverse Projekte, welche die Biodiversität und den Erhalt von Naturschutzgebieten fördern und zu einer kontinuierlichen Verbesserung der Wasserqualität und Energieeffizienz beitragen sollen, wurden umgesetzt.
Heute bietet das Anwesen zahlreichen Wasservögeln eine neue Heimat. Außerdem ist hier eine der größten Laufentenpopulationen weltweit anzutreffen. Für die Unterstützung der lokalen Biodiversität, der Verwendung von erneuerbaren Energien, der Verbesserung der allgemeinen Wasserqualität und vielem mehr, ist Vergenoegd Löw inzwischen eines der größten Pionier- und Vorzeigeprojekte Südafrikas. Für sein Engagement wurde Vergenoegd Löw unter anderem der Titel „Conservation Champion“ vom World Wildlife Fund verliehen.
KAUFSITUATION
Als das European Heritage Project das Estate Vergenoegd Löw im Jahr 2015 von der Familie Faure, in deren Besitz sich das Anwesen seit dem Jahr 1820 befunden hatte, erwerben konnte, war das Kuratorium fasziniert von der einzigartigen Geschichte des Anwesens, die bis ins Jahr 1696 zurückreicht.
Doch obwohl die Faures in den vergangenen Zeiten für ihre exzellenten Weine gerühmt worden waren, Weine, die sogar auf Staatsempfängen regelmäßig kredenzt wurden, verpasste die letzte Generation der Familie den Umstieg auf modernere Methoden des Weinbaus. Veraltete Herstellungsprozesse führten schließlich dazu, dass die Qualität der Weine und damit auch die Einnahmen des Betriebes stark gesunken waren. Zuletzt wurden nur noch Tankweine mit geringen Margen produziert. Die kritische finanzielle Situation machte notwendige Investitionen in die Gebäude und die Arbeitsgeräte unmöglich. Die letzten historischen Ställe und Scheunen in der gesamten Western Cape-Region, an denen seit Anfang des 18. Jahrhunderts nie Veränderungen vorgenommen worden waren, standen kurz vor dem Zusammenbruch. Die Faures selbst standen vor dem Ruin.
In dieser Situation konnte das European Heritage Project eingreifen. Mit dem vereinbarten Kaufpreis konnten die Faures ihre Verbindlichkeiten begleichen und das European Heritage Project erhielt nicht nur eine der schönsten und historisch wertvollsten Weinfarmen Südafrikas, sondern nach Sanierung des Produktionsbetriebes einen der besten Weine des Landes.
ANWESEN: ZAHLEN & FAKTEN
Das Weingut Vergenoegd Löw gehört zur bekannten Weinanbaugemeinde Stellenbosch in der Kapregion Südafrikas. Es liegt wenige Kilometer vom Meer und den Sandstränden Somersets entfernt. Kapstadt ist zirka 40 Kilometer, der internationale Flughafen nur 15 Kilometer entfernt. Das Anwesen ist gut über das ausgebaute Schnellstraßennetz erreichbar.
Vergenoegd Löw umfasst etwa 180 Hektar Fläche am Rande des heute Eersterivier genannten Flusses. Es handelt sich um eine weitgehend ebene Fläche mit einem Höhenunterschied von nur fünf Metern.
Das Anwesen besitzt umfangreiche Wasserrechte am Eersterivier, sodass es von den Dürren der vergangenen Jahre fast vollständig verschont blieb. Auf dem Grundstück befinden sich zwei große als Vorratsbecken genutzte Seen, die einerseits vom nahen Fluss, überwiegend aber von ergiebigen Regenfällen im Winter gespeist werden.
Zum Anwesen zählen das eigentliche Farmstead mit Manor House und weiteren Gebäuden, sowie 170 Hektar Agrarland, das zum großen Teil für den Weinbau genutzt wird.
Nach Sanierung der Weinkellerei produziert das Weingut bis zu 350.000 Liter Wein jährlich, der in alle Welt versandt wird. Die wichtigsten angebauten Rebsorten sind Shiraz, Cabernet Sauvignon und Merlot. Die Weine werden auf dem Estate ausgebaut.
Weite Teile der Anlage gelten heute als Provincial Heritage Site. Die historische Farmstead aus dem Übergang vom 17. zum 18. Jahrhundert wurde zum National Monument erklärt. Dieses umfasst im Wesentlichen das Manor House, drei Barns, ein Cottage, die ehemaligen Sklavenunterkünfte samt der freistehenden Glocke, sowie die „Werf“. Die Reste eines prähistorischen Kraals sind noch in Form von Mauerresten zu sehen.
Zum Weingut gehören weiter zwei Scheunen aus dem späten 18. Jahrhundert, die Kelterei aus den 1920er Jahren, sowie ein weiteres neuzeitliches Lagerhaus aus dem Jahr 1980. 2020 wurde die Kelterei erheblich erweitert und ein zusätzliches Lagerhaus angebaut.
Neuzeitliche Gästehäuser wurden schonend in die Landschaft integriert. Die Nutzflächen aller Gebäude summieren sich auf über 5.000 m².
Vor der historischen Sklavenglocke wurde inzwischen ein Ausflugsrestaurant, das „Deli“, eröffnet, das Besuchern günstige Happen im Freien offeriert.
In einem der wiederhergestellten Barns wird ein gehobenes Restaurant, „Clara‘s Barn“, eingerichtet, das im September 2021 eröffnet werden soll.
Im Manor House und in der Kellerei finden Wine Tastings und kulturelle Veranstaltungen statt.
Im Jahr 2019 besuchten ungefähr 15.000 Besucher das Anwesen. Insbesondere die 1.500 Laufenten beeindrucken immer wieder die Gäste, wenn sie durch den Hof des Farmstead ihren Weg zur „Arbeit“ in die Weinberge nehmen.
GESCHICHTE
Die frühe Besiedlung der niederländischen Kapkolonie
Wörtlich übersetzt bedeutet das niederländische Wort „vergenoegd“ so viel wie „vergnügt“. Diesen Namen gab der sicherlich fröhliche niederländische Siedler Pieter de Vos, Mitglied der Reformierten Niederländischen Kirche von Stellenbosch, 1699 seinem neuen Bauernhof in der niederländischen Kapkolonie.
Die Kapkolonie, benannt nach dem Kap der Guten Hoffnung, war 1652 von der Niederländischen Ostindien-Kompanie am südlichsten Zipfel Afrikas gegründet worden. Eine niederländische Expedition unter Jan van Riebeeck (1619 – 1677) hatte hier den ersten Handelsposten als Versorgungsstation für die Schiffe der Ostindien-Kompanie auf ihrem langen Weg zwischen den Niederlanden und Asien etabliert. Innerhalb von drei Jahrzehnten zog die junge Kolonie zahlreiche „Vrijlieden“ oder „Vrijburgers”, freie Bürger der Kapkolonie, ins südliche Afrika. Meist handelte es sich dabei um ehemalige Mitarbeiter der Ostindien-Kompanie, die sich nach dem Ende ihrer Verträge in einer der Kolonien niederließen. Die Vrijburger waren größtenteils verheiratet und verpflichteten sich dazu, mindestens 20 Jahre lang das Land in der jungen Kapkolonie zu bestellen. Im Tausch wurden sie von Steuerzahlungen befreit und erhielten Arbeitsgeräte und Saatgut. Bei den frühen Handelsgesellschaften handelte es sich um die ersten multinationalen Unternehmen der Welt und so gehörten neben Niederländern auch Skandinavier und Deutsche zu den Vrijburgern. 1688 strömten fast 200 französische Hugenotten in die Kapkolonie, die vor religiöser Verfolgung in ihrer Heimat in die protestantischen Niederlande geflüchtet waren.
Niederländische Bräuche und die niederländische Sprache dominierten den Alltag der Siedler und wurden von anderen Einwanderern schnell übernommen.
Im Laufe der Zeit zogen die niederländischen Siedler, nun Boere (Bauern) genannt, weit über die Grenzen der Kapkolonie hinaus immer tiefer ins Land. Einige entwickelten einen nomadischen Lebensstil und wurden „Trekboere“, herumziehende Bauern, genannt. Dabei kam es immer wieder zu Konflikten zwischen den vordringenden Siedlern und einheimischen Stämmen wie den Khoisan und den Xhosa, die ihr Land verteidigen.
Die niederländischen Siedler verschleppten tausende Sklaven aus den niederländischen Kolonien und anderen Teilen Afrikas als billige Arbeitskräfte ans Kap der Guten Hoffnung.
Bis Ende des 17. Jahrhunderts war die Bevölkerung der Kapkolonie auf rund 26.000 Siedler europäischer Herkunft und 30.000 Sklaven angestiegen.
Vom Außenposten zum Landgut
Vergenoegd befand sich nur ein Jahr lang im Besitz von Pieter de Vos, ehe er die Ländereien an Ferdinant Appels (1655 – 1717) übertrug. Nach dem Verkauf blieb Vergenoegd 40 Jahre lang im Besitz der Familie Appelt, die ein landwirtschaftliches Gut aufbauten. Nach dem Tod von Ferdinant Appels ging das Landgut an seine Witwe über, die später erneut heiratete. Ihr Ehemann Johannes Colijn, auch Johannes Oberholzer genannt, war ein Schweizer Auswanderer und wurde als folgender Besitzer des Gutes aufgeführt.
Als Appels im Jahr 1717 verstarb, deutete das Inventar auf einen bereits gut entwickelten landwirtschaftlichen Betrieb hin. Ihm gehörten zu dieser Zeit 165 Rinder, 795 Schafe, 18 Schweine, 13 Pferde und 10 Sklaven, sowie zahlreiche Wagen, Pflüge und anderes Ackergerät. Auch Weinfässer wurden bereits erwähnt. Zwar fehlt eine Beschreibung der Gebäude, doch es ist anzunehmen, dass es bereits zu dieser Zeit ein Wohnhaus für die Familie gab, eine Unterkunft für die Sklaven und mehrere Scheunen. Für das Vieh wurde vermutlich ein Kraal-System mit Erdwällen genutzt.
Durch die erneute Heirat der Witwe mit Johannes Colijn blieb Vergenoegd noch bis 1782 im Familienbesitz, ehe das Landgut an die Familie Lochner verkauft wurde. Diese trat als Gastgeber für den niederländischen Kleriker Jan Brandes auf, der Vergenoegd vier Jahre später besuchte und das Anwesen mehrmals in Wasserfarben malte.
Nach dem Verkauf durch die Familie Lochner wechselte das Anwesen zwischen 1789 und 1820 mehrmals für jeweils kurze Zeit den Besitzer, ehe es 1820 an die Familie Faure veräußert wurde.
Weinbau in der Kapkolonie
Jan van Riebeeck gründete 1652 die Kapkolonie vor allem als Versorgungsstation für Schiffe, die auf dem Weg zwischen Europa und Asien das Kap der Guten Hoffnung passierten. Sie sollten hier frisches Trinkwasser und frische Vorräte laden können. Allmählich hatte sich nämlich die Erkenntnis durchgesetzt, dass ein Mangel an frischem Obst und Gemüse für die gefürchtete Seefahrerkrankheit Skorbut verantwortlich war. Doch nicht nur Obst und Gemüse wurden zu ihrer Bekämpfung eingesetzt, auch Wein hatte sich als effektives Präventionsmittel erwiesen. So wurde früh mit dem Weinbau in der Kapkolonie begonnen und 1659 der erste Jahrgang produziert. Zugleich zogen erste Siedler ins Land um mit den eingeborenen Khoikhoi Handel zu treiben und stießen auf den Eersterivier (dessen Namen übersetzt „erster Fluss“ heißt).
Als der neue niederländische Gouverneur Simon van der Stel 1679 in die Kapkolonie kam, besuchte er den Fluss und folgte seinem Lauf flussaufwärts, um zu sehen, ob die Gegend für die Landwirtschaft geeignet war. Kurz darauf wurden die ersten Ländereien verteilt und Ferdinant Appels begann mit dem Anbau von Wein am Eersterivier. Er profitierte dabei vom Fachwissen, das Simon van der Stel mitgebracht hatte. Der Gouverneur und Weinkenner gründete ein Komitee, das anderen beginnenden Weinbauern bei der Weinlese beratend zur Seite stand.
Um das Jahr 1760 erlebte der südafrikanische Weinbau seinen ersten Boom. Die Siedler genossen einen gewissen Reichtum und bauten ihre Anwesen umfangreich aus. Neue Häuser wurden errichtet, alte Häuser vergrößert und mit beeindruckenden Giebeln versehen.
Die Qualität der Weine ließ jedoch noch zu wünschen übrig. Erst die Ankunft von Sir George Yonge, dem Gouverneur der zu dieser Zeit bereits zum britischen Empire gehörenden Cape Colony, brachte Fortschritte. Yonge etablierte eigene Weinprüfer, die jeden in Kapstadt ankommenden Wein testeten und ungenügende Weine zurückwiesen. Zur gleichen Zeit war die französische Familie Faure bereits ins Land gekommen und als Winzer auf verschiedenen Weingütern der Region aktiv, ehe sie 1820 das Weingut Vergenoegd übernahm.
Von religiöser Verfolgung zu freien Bürgern der Kapkolonie: Die Familie Faure
Als Stammvater des südafrikanischen Zweigs der Familie Faure gilt der 1685 geborene Antoine Faure. Er wurde in der Stadt Orange in der südfranzösischen Provence in dem Jahr geboren, als König Ludwig XIV. das Edikt von Nantes widerrief, das den französischen Protestanten (Hugenotten) religiöse Toleranz zugesichert hatte. Der Sonnenkönig ersetzte es durch das Edikt von Fontainebleau, das sämtliche protestantische Gottesdienste verbot, den Protestanten ihre Bürgerrechte entzog und ihnen den Erwerb von Eigentum untersagte. Viele Hugenotten verließen daraufhin das Land. Pierre Faure und seine Frau Justine Pointy flohen 1686 mit ihrem einjährigen Sohn Antoine ins niederländische Borculo, wo er aufwachsen sollte.
Die Faures kehrten nur einmal 1698 nach dem Friedensvertrag von Ryswick kurz nach Orange zurück, ehe sie wieder fliehen mussten. Nach dem Tod seiner Ehefrau Justine ließ sich Pierre bei seiner Tochter in der Schweiz nieder. Antoine floh über die Schweiz und Preußen in die Niederlande zurück, wo er als Assistent eines Arztes tätig wurde. 1713 ließ er sich für fünf Jahre bei der Niederländischen Ostindien-Kompanie als Soldat anheuern und kam am 24. März 1714 mit dem Schiff Kockinge am Kap der Guten Hoffnung an. Dort wurde er als Sekretär für die Kompanie tätig und heiratete 1716 in Kapstadt die junge Rachel de Villiers. Schon ein Jahr später wurde ihr erster Sohn Abraham geboren. 1718 erlangte Antoine seine Staatsbürgerschaft als Vrijburger der Kapkolonie. Er fand eine Anstellung als Lehrer, Leser und Vorsänger bei der Reformierten Niederländischen Kirche Stellenbosch und zog mit seiner Familie in den Ort östlich von Kapstadt. Nach seinem Tod 1736 trat sein Sohn Abraham seine Nachfolge in gleicher Anstellung an. Insgesamt hatten Antoine und Rachel sieben Kinder.
Die Faures in Vergenoegd
Jacobus Christiaan Faure (1769-1834), einer der Söhne Abrahams, erbte Land von seinem Vater und kaufte viele weitere Weingüter. Sein Sohn Johannes Gysbertus Faure (1796-1869) erwarb im Januar 1820 das Landgut Vergenoegd am Eersterivier vom lutherischen Minister Johan Georg Lochner und war somit das erste Mitglied der Familie Faure, dem die Farm gehörte. Ursprünglich umfasste das Anwesen 59 Morgen (etwa 15 Hektar) Land, das von den Faures im Laufe der Zeit auf über 1000 Morgen (250 Hektar) erweitert wurde. Ihnen gehörte außerdem ein weiteres Landgut namens Rustenburg in Firgrove zwischen Somerset West und Stellenbosch. Johannes Gybertus besaß Vergenoegd bis 1847, als er nach Rustenburg zog und die Farm an seinen jüngeren Bruder Jacobus Christiaan Faure Junior (1798-1876) weiterverkaufte.
Der jüngere Jacobus Christiaan hatte zwei Kinder mit seiner erster Frau Elisabeth Brink und weitere sechs Kinder mit seiner zweiten Frau Elisabeth Myburgh. Wie andere Familienmitglieder war auch er ein tiefreligiöser Mann und Mitglied der Reformierten Kirche von Stellenbosch. Bekannt ist über ihn, dass er 1853 eine neue Kanzel für die Kirche im Karren von Kapstadt nach Stellenbosch transportierte. 1872 übertrug er Vergenoegd an seinen zweitältesten Sohn Johannes Albertus, um sich im Alter von 74 Jahren zur Ruhe zu setzen.
Johannes Albertus war vermutlich sowohl auf Vergenoegd als auch auf Rustenburg tätig, ehe letzteres Anwesen 1868 verkauft wurde. Er war 12 Jahre lang Mitglied der gesetzgebenden Versammlung der Kapkolonie, sowie Mitglied des kolonialen Parlaments. Im Kabinett diente er als Minister für die Angelegenheiten der Einheimischen. Seine Ehefrau Anna Frederika Wilhelmina Brand war die Schwester von Sir Johannes Henricus Brand, dem Präsidenten des Oranje-Freistaates. Der Freistaat war eine unabhängige Burenrepublik im südlichen Afrika, die von 1842 bis 1902 existierte. Mit dem Ende des Zweiten Burenkriegs und der Niederlage gegen die Briten wurde der Freistaat aufgelöst und in die britische Kolonie Südafrika integriert.
Johannes Albertus Faure und seine Frau Anna hatten fünf Kinder: Jacobus Christiaan (1861–1934), Anna Fredrika Wilhelmina (1863-1932), Elizabeth (1865-1944), Wilhelmina Catharina Johanna (1868-1947) und Philippus Albertus Brand (1875-1947). Als ältester Sohn erbte Jacobus Christiaan, Kosie genannt, Vergenoegd und arbeitete bis zu seinem Tod im Jahr 1947 auf dem Anwesen. Er baute Trauben an und hielt Rinder und Pferde. Viele seiner Pferde wurden von der britischen Armee im zweiten Burenkrieg zwischen 1899 und 1902 genutzt. Im Jahr 1896 heiratete Kosie im Alter von 35 Jahren Alice Maud Cawood (1868–1914) und hatte mit ihr zwei Kinder: Erilda Louisa (1898-1968) und Johannes Albertus (1900-1967). Erilda Louisa heiratete William Charles Starke (1894-1988), einen Winzer aus Muldersvlei, Klapmuts, während ihr Bruder Johannes Albertus, John genannt, Vergenoegd erbte. Er kultivierte erstklassige Trauben und erhielt für seine hochwertigen Weine zahlreiche Preise und Auszeichnungen. Die Weine von Vergenoegd wurden jetzt sogar als offizielle Begleiter bei Staatsempfängen kredenzt. Mit 30 Jahren heiratete er Elaine Constance Brand und hatte mit ihr drei Kinder: Rosalie Ida (geboren 1932), Jacobus „Jac“ Christaan (1934) und Johannes Henricus Brand (1938–2007), der Brand genannt wurde. Jac und Brand führten die Erfolgsgeschichte ihres Vaters fort und produzierten viele weitere preisgekrönte Weine. Ihre drei Kinder erbten Vergenoegd in gleichen Teilen. Jacs ältester Sohn Johannes Albertus (geboren 1962) verkaufte einen Teil des Landes 2010 an die Stadt Kapstadt, die darauf die Cape Town Film Studios errichteten. Der restliche Teil des Anwesens wurde nach dem wirtschaftlichen Niedergang im Jahr 2015 an das European Heritage Project verkauft. Vergenoegd wurde zu Vergenoegd Löw.
WISSENSWERTES & KURIOSES
Jan Brandes und seine Panoramabilder von Vergenoegd
Der niederländische Künstler und Weltreisende Jan Brandes (1743-1808) verbrachte ein ganzes Jahr auf Vergenoegd. In dieser Zeit malte er drei Panoramen des Anwesens in Wasserfarben, darunter das Gebäude selbst. Die Bilder gelten als authentische Abbildungen und sind heute in hochauflösender digitaler Form im Rijksmuseum Amsterdam zu sehen. Mit der detailreichen Abbildung des Anwesens, so wie es 1786 aussah, sind sie eine unschätzbare Hilfe, denn nur wenige Landgüter am Kap wurden je bildlich festgehalten. Zu den sichtbaren Details gehören beispielsweise Abbildungen der Weinkeller, des Haupthauses, der „Kraals“, und sogar der vor dem Haupthaus angelegte formale Garten, der heute noch existiert. Einige andere in den Bildern sichtbare Elemente sind dagegen verschwunden. Die Panoramen bestätigen, dass Vergenoegd zu den am besten erhaltenen, frühen Landgütern am Kap gehört und daher als Denkmal nicht nur von regionaler, sondern von nationaler Bedeutung eingestuft werden kann.
Laufenten
Das Vergenoegd Löw Weingut ist berühmt für den Einsatz indischer Laufenten zur natürlichen Schädlingsbekämpfung. Die Laufenten „arbeiten“ in den Weinbergen, indem sie Schnecken und andere Schädlinge fressen. Über 1.500 Enten werden täglich in die Weinberge getrieben. Diese „Entenparade“ auf dem Weg dorthin und abends zurück hat sich zu einer regelrechten Touristenattraktion des Vergenoegd Löw Wine Estates entwickelt.
WWF Conservation Champion
Zusammen mit Experten engagiert sich das Projekt für nachhaltige Landwirtschaft und den Erhalt der Biodiversität durch den Schutz natürlicher Landschaften. Die Natur wird heute als wertvoller Bestandteil der lokalen und regionalen Kultur begriffen und Wasser und Energie auf effizientere Weise genutzt.
Sämtliche Arbeitsprozesse auf dem Weingut zielen darauf ab, den ökologischen Fußabdruck möglichst gering zu halten. Dies beginnt bei der respektvollen Behandlung der Erde und aller auf ihr heimischen Lebewesen. Das Recycling, die Verwendung von biologisch abbaubaren Verpackungen, der Einsatz von Sonnenenergie und die Nutzung eines besonders wasserarmen Low Drip-Irrigationssystems der eigenen Wiederaufbereitungsanlage wurden von der WWF mit der Auszeichnung „Conservation Champion“ und IPW-Biodiversitäts-Zertifikaten belohnt.
Einzigartige Weinlage
Die berühmten Weinlagen der Welt weichen in ihrer Topografie deutlich von den Gegebenheiten bei Vergenoegd Löw ab.
Sie liegen meist an steilen Hängen, um eine gute Ventilation der Trauben und damit einen Schutz vor Fäulnis sicherzustellen.
Die Hanglagen, meist nach Süden ausgerichtet, verbessern den Einstrahlwinkel der Sonne und geben den Trauben die nötige Energie um ausreichend Zucker zu entwickeln. Schließlich profitieren sie von ergiebigen Regenfällen in der Wachstumsperiode.
All das ist bei Vergenoegd Löw nicht zu finden. Und dennoch werden hier seit Jahrhunderten Spitzenweine produziert. Wie kann das sein?
Vergenoegd Löw liegt in einer Ebene, die sich zum nahen Meer hin öffnet. Die Kühle des Meerwassers, das vom Südpol kommt, und die Aufhitzung des Landes führen zu kräftigen Winden, die tagsüber auflandig, nachts ablandig wehen. Diese „föhnen“ die Trauben und verhindern die Pilzbildung. Der hohe Salzanteil in der Luft wirkt zusätzlich antiseptisch.
Die Sonneneinstrahlung ist sehr intensiv, sodass eine Steigerung des Einstrahlwinkels durch eine Hanglage gar nicht nötig ist, im Gegenteil. Die Sonneneinwirkung ist so stark und die Anzahl der Sonnenstunden so hoch, dass hier auch besonders sonnenbedürftige Weine, wie der Shiraz, hervorragend reifen können.
Starke Regenfälle während der Wachstumsperiode gibt es auch nicht. Jedoch fördert ein anderes Naturphänomen die Reifung. Jedes Jahr tritt der Eersterivier über seine Ufer und überschwemmt die Wingerte. Fast 40 Zentimeter hoch steht dann das Wasser in den Weinbergen. Dies hat für die Reben mehrere positive Effekte. Zum einen bringt der Fluss zahlreiche Mineralstoffe und Schlämme mit sich und reduziert dadurch die Notwendigkeit intensiver Düngung. Zum anderen schwemmt er Salze, die sich wegen der Irrigation und Verdunstung zwangsläufig bilden, aus, und reinigt so die Böden. Schließlich versickert ein Großteil des Wassers im Boden und spendet den Pflanzen noch lange Zeit Feuchtigkeit, auch wenn kein Regen fällt.
Diese ganz besonderen Umstände haben nicht nur dafür gesorgt, dass hier der Wein seit Jahrhunderten angebaut werden konnte, ohne dass es zur Ermüdung des Bodens gekommen wäre, sondern auch dazu, dass die Weine von Vergenoegd Löw eine ganz besondere, unverwechselbare Note haben. Kenner schätzen die Weine weltweit als Spitzenprodukte aus Südafrika.
ARCHITEKTUR
Das Anwesen wurde in der autochtonen kapholländischen Architektur Südafrikas erbaut, die auf die frühen niederländischen Siedler der Kapkolonie zurückgeht. Viele der erhaltenen Gebäude und die Gesamtstruktur des Anwesens haben ihren ursprünglichen Charakter behalten und gehören zu den letzten Landgütern dieser Art in ganz Südafrika. Südafrika zählt Vergenoegd Löw daher zu den wichtigsten erhaltenswürdigen nationalen Monumenten.
Vergenoegd und die kapholländische Architektur
Das Vergenoegd Löw Anwesen besteht aus einem Haupthaus mit beeindruckenden Giebeln aus dem 18. Jahrhundert, einem Hof und mehreren Nebengebäuden.
Die kapholländische Architektur entstand im 17. Jahrhundert in den frühen Tagen der Kapkolonie. Der Baustil wurde von niederländischen Siedlern aus der Heimat mitgebracht und am Kap unter anderem von deutschen, französischen und sogar indonesischen Elementen beeinflusst. Eines der auffälligsten Merkmale ist der prächtig verzierte Giebel, der an die eleganten Patrizierhäuser von Amsterdam erinnert, die zur gleichen Zeit entstanden. Im späten 18. Jahrhundert wurde die neoklassische kapholländische Architektur mit georgianischen Elementen britischer Siedler gemischt, doch nur drei Häuser dieser Epoche sind bis heute erhalten geblieben. Sie zeichnen sich durch ihren H-förmigen Grundriss aus, bei dem das Haupthaus von zwei Flügeln flankiert wird.
Viele dieser Elemente finden sich auch in der kapholländischen Architektur von Vergenoegd Löw: weißgekalkte Wände, Reetdächer und große holzgerahmte Schiebefenster mit hölzernen Fensterläden. Die Gebäude besitzen eine langgestreckte Form und sind in der Regel einstöckig oder maximal zweistöckig gehalten und mit Dachluken versehen.
Um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert betrachteten die britischen Kolonialisten die historischen Häuser mit ihrer kapholländischen Architektur als unmodern und veraltet. Sie wünschten sich modernere Häuser und adaptierten den aufkommenden viktorianischen Stil ihrer Heimat. Die prachtvollen Giebel verschwanden, die Reetdächer wurden durch Wellblech ersetzt und die alten gemütlichen Fenster mit ihren Holzläden gegen modernere Fenster ausgetauscht.
H. Liebbrandt, Verwalter der Kaparchive, störte sich an den Modernisierungen und konnte einflussreiche Bürger am Kap davon überzeugen, die Schönheit und den Charme der alten Häuser zumindest in Fotografien, Zeichnungen und Berichten festzuhalten. Der irische Dichter und Künstler Alys Fane Trotter (1828–1907) besuchte zahlreiche alte Häuser der Region mit einem Zeichenblock in der Hand, während die südafrikanische Schriftstellerin Dorothea Ann Fairbridge (1862–1931) die Architektur schriftlich festhielt und Arthur Elliot (1870–1938) zahllose Fotografien anfertigte. Dank ihrer Arbeit und ihrer Begeisterung für die kapholländische Architektur konnten Anwesen wie Vergenoegd Löw originalgetreu erhalten bleiben.
Vor allem in Kapstadt fielen zahlreiche alte kapholländische Bauten der Entwicklung zur modernen Großstadt mit einem von Hochhäusern geprägten Stadtzentrum zum Opfer. Die traditionsreiche kapholländische Architektur ist heute nur noch entlang der Wine Route – darunter in Vergenoegd Löw als eines der schönsten Exemplare – und in historischen Orten wie Stellenbosch zu sehen.
Ein charakteristisches Merkmal der südafrikanischen Kolonialarchitektur sind die häufig verwendeten Giebel. Oft wurde die Verwendung des Begriffs „kapholländisch“ ausschließlich damit begründet, dass die dekorativen Giebel vor Ort denen in Amsterdam glichen. Doch in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, als die Errichtung von Giebeln in Südafrika ihren Höhepunkt erlebte, waren diese in Amsterdam bereits wieder aus der Mode gekommen. Nördlich von Amsterdam, entlang des Zaan, entstanden Giebel jedoch noch zur gleichen Zeit, als in Südafrika die Kapkolonie gegründet wurde.
Obwohl unterschiedliche Materialien verwendet wurden, teilen die südafrikanischen Giebel viele Eigenschaften der Giebel vom Zaan. Der ursprüngliche kapholländische Stil, auch Afrikaner-Stil genannt, unterscheidet sich dabei wiederum vom „Cape Dutch Revival Style“, der Mitte des 19. Jahrhunderts aufkam und zu einer Renaissance der Giebelarchitektur führte. Obwohl sich dieser Cape Dutch Revival-Stil im Gegensatz zur Originalversion fast ausschließlich über schmückende Giebel definierte, weckte er das Interesse an den Originalen, sodass in dieser Zeit viele historische kapholländische Häuser restauriert wurden.
Vergenoegd Löw war nicht mit einem Schlag als das umfangreiche Landgut erbaut worden, das es heute ist. Es wurde im Laufe der Jahrhunderte immer wieder erweitert, ergänzt und verändert. Lediglich die Vorderseiten der Häuser auf dem Werf einschließlich der Innenwände scheinen sich über die Jahrhunderte kaum verändert zu haben. Die Rückseiten wurden dagegen über 200 Jahre hinweg immer wieder verändert und erweitert, sodass sie heute asymmetrisch und uneinheitlich wirken.
Aufgrund der Veränderungen ist es unmöglich, die Häuser in ihren perfekten Originalzustand zu versetzen oder sie ausschließlich im Stil einer bestimmten Epoche zu restaurieren, ohne dass andere Elemente verloren gehen. Die Wände aus dem 19. Jahrhundert oder früher sind beispielsweise mit einheimischen Wandmalereien geschmückt, die für sich selbst schon wieder eine einzigartige wissenschaftliche Quelle darstellen. Einige Wände wurden wieder freigelegt und restauriert, während viele andere unter neueren Anstrichen verborgen sind.
Jan Brandes und seine Panoramabilder von Vergenoegd
Der niederländische Künstler und Weltreisende Jan Brandes (1743-1808) verbrachte ein ganzes Jahr auf Vergenoegd. In dieser Zeit malte er drei Panoramen des Anwesens in Wasserfarben, darunter das Gebäude selbst. Die Bilder gelten als authentische Abbildungen und sind heute in hochauflösende digitaler Form im Rijksmuseum Amsterdam zu sehen. Mit der detailreichen Abbildung des Anwesens, wie es 1786 aussah, waren sie eine unschätzbare Hilfe, denn nur wenige Landgüter am Kap wurden je bildlich festgehalten. Zu den sichtbaren Details gehören beispielsweise Abbildungen der Weinkeller, des Haupthauses, der „kraals“ mit ihren Erdwällen und sogar der vor dem Haupthaus angelegte formale Garten, der heute noch existiert. Einige andere in den Bildern sichtbare Elemente sind dagegen verschwunden. Die Panoramen bestätigen, dass Vergenoegd zu den am besten erhaltenen frühen Landgütern am Kap gehört und daher als Denkmal nicht nur von regionaler, sondern von nationaler Bedeutung eingestuft werden kann.
Vergenoegd wurde nicht mit einem Schlag als Landgut erbaut. Es wurde im Laufe der Jahrhunderte immer wieder erweitert, ergänzt und verändert. Lediglich die Vorderseite des Hauses einschließlich der Innenwände scheint sich über die Jahrhunderte kaum verändert zu haben. Die Rückseite wurde dagegen über 200 Jahre hinweg immer wieder verändert und erweitert, sodass sie heute asymmetrisch und uneinheitlich wirkt.
Aufgrund der vielen Veränderungen ist es unmöglich, das Haus „in seinen Originalzustand“ zu versetzen oder es im Stil einer bestimmten Epoche zu restaurieren, ohne dass andere Elemente verloren gehen. Die Wände aus dem 19. Jahrhundert oder früher sind beispielsweise mit einheimischen Wandmalereien geschmückt, die für sich selbst schon wieder eine einzigartige wissenschaftliche Quelle darstellen. Einige Wände wurden wieder freigelegt und restauriert, während viele andere unter neueren Anstrichen verborgen sind.
Das Haupthaus
Obwohl der Giebel mit der Jahreszahl 1773 versehen wurde, ist unklar, wann das Haupthaus des Anwesens erbaut wurde. Das Datum könnte auch als 1713 gelesen werden, doch dies scheint nach dem heutigen Wissensstand unwahrscheinlich, da die Verwendung von Giebeln erst später begann. Vermutlich wurde der Giebel zu einem späteren Zeitpunkt auf das bereits existierendes Haus aufgesetzt. Eine Überprüfung des Giebels auf der Innenseite des Speichers ergab, dass die „Holbol“ genannten Giebel, die das Haus verzieren, weitgehend intakt geblieben sind. „Holbol“ leitet sich von den charakteristischen symmetrischen Kurven nach innen und außen ab, die als hol (hohl) und bol (Kugel) bezeichnet werden.
Der Frontgiebel wurde nie verändert. Er wurde aus handgeformten unregelmäßigen Ziegelsteinen gebildet und nur dort verändert, wo Deckenbalken eingefügt werden mussten. Die vordere Hausmauer, auf der der leichtere Ziegelsteingiebel ruht, beeindruckt mit einer Robustheit von fast 60 Zentimetern. Ein derart guter Zustand ist ungewöhnlich, da viele alte Gebäude regelmäßig durch Brände oder durch andere Umwelteinflüsse stark beschädigt wurden. Der gute Zustand des Giebels lässt vermuten, dass es sich selbst bei dem Putz der Außenwände noch um das Original handelt.
Das Vorderhaus („Voorhuis“)
Der vordere Bereich des Hauses weist die typische symmetrische Form mit dem „Holbol“-Giebel in der Mitte und weiteren Giebeln an den Seiten auf. Es besteht aus einem Vorzimmer (Voorkamer) in der Mitte und einem Flur, von dem rechts und links Räume abgehen. Die einzige Abweichung von der typischen Kap-Architektur ist die Verengung des Vorzimmers zu einer Art Durchgang, indem die westliche Wand einen halben Meter versetzt wurde. Vermutlich erfolgte diese Änderung schon früh. Die Form des Vorgiebels wiederholt sich in den westlichen und östlichen Giebeln mit Zugang zum Speicher (Zolder) über eine Treppe im Westflügel. Ihr Erscheinungsbild ist ähnlich, wenn nicht identisch mit der Abbildung von Jan Brandes. Auch wenn seither neuere Materialien als Ersatzmaterial verwendet wurden, dürfte sich das Vorderhaus mit Ausnahme der Fenster seit 1786 kaum verändert haben. Die Fensteröffnungen sehen noch genauso aus wie bei Brandes, doch die Fensterflügel selbst wurden vermutlich Mitte des 19. Jahrhunderts ausgetauscht.
Die Originalstruktur des Vorderhauses hatte eine schlichte rechteckige Form, die vermutlich bis heute erhalten geblieben ist. Ein Abschnitt der Wand wurde zur Ansicht geöffnet und zeigt, dass der ursprüngliche Kern aus Kalkzement und Krustenkalk bestand. Dies bedeutet, dass die leichteren aus handgefertigten Ziegelsteinen geformten Giebel erst später auf die Steinwände aufgesetzt wurden. Die immanente Schwäche, die durch die unregelmäßig verkleideten Steine entstand, wurde durch den Bau besonders dicker Mauern kompensiert. Der älteste aus Stein gemauerte Kern des Hauses besitzt etwa 52 bis 60 Zentimeter dicke Wände. Die Giebel folgten erst später, entweder im Jahr 1713 oder vermutlich im Jahr 1773.
Das T-förmige Hinterhaus („Agterkamer“)
Der hintere T-förmige Bereich des Hauses, „Agterkamer“ genannt, besteht aus einem zweiten Empfangsraum mit einem Wohnzimmer, einem Flur und dem heutigen Küchenbereich. Diese Räume verfügen alle über eine gemeinsame Decke aus breiten Gelbholzplanken und eventuell zusätzlichen Pinienplanken. Unterhalb der eigentlichen Wohnzimmerdecke wurde später eine zweite Decke eingezogen. Die Unterteilung des T-förmigen Bereiches in einen Flur, ein Wohnzimmer und die Speisekammer stammt aus der Zeit nach 1806 als die einheimische Architektur erstmals von den Engländern beeinflusst wurde. Wandbilder im Wohnzimmer weisen darauf hin, dass es Anfang bis Mitte des 19. Jahrhunderts zu diesen Veränderungen kam. Den Bildern von Jan Brandes zufolge befand sich die Küche („Kombuis“) auf der Rückseite des T. Dieser wurde vermutlich vor langer Zeit abgebaut und das T um einige Meter verlängert. Auf der Rückseite wurde mittig eine Tür eingebaut, die später zu einem Fenster verkleinert wurde. Die Verlängerung des rückseitigen Zimmers lässt sich im Speicher an der Veränderung der Form und Textur der Wand ablesen.
Die T-Form entstand vermutlich schon früh, ist aber nicht Teil des Originalgebäudes. Der englische Flur, der durch das Haus führt, hat leider alle etwaigen archäologischen Spuren verwischt, an denen sich erkennen ließe, ob die Originalwände mit der Agterkamer verbunden waren. Derzeit weisen die Höhenunterschiede im Dach auf zwei verschiedene Bauphasen hin.
Die partielle H-Form
Im späten 18. oder frühen 19. Jahrhundert erfolgten die Umbauten zu einer partiellen H-Form, die dem damaligen Trend in der einheimischen Architektur entsprach. Diese späteren Ergänzungen zur ursprünglichen T-Form lassen sich ebenfalls am Dachstuhl ablesen. Hier ist ein deutlicher Höhenunterschied zwischen der Agterkamer und dem neuen Flügel zu sehen. Die Errichtung des Bogendaches über der offenen Lücke, die einst zwischen Haupthaus und Ergänzungsbau bestand, konnte bislang nicht datiert werden. Vermutlich erfolgt sie Mitte des 19. Jahrhunderts als die Agterkamer in ein Wohnzimmer, einen Flur und eine Speisekammer verwandelt wurde. Möglicherweise wurde zu diesem Zeitpunkt auch die Hintertür der Agterkamer zugemauert. Erwähnenswert ist weiterhin, dass im südlichsten Zimmer des Anbaus Spuren eines früheren Lochs in der Decke zu sehen sind, das möglicherweise für eine Treppe genutzt wurde.
Die „Afdak“-Küche
Auf einem der Bilder von Jan Brande ist zu sehen, dass es um 1786 abgesehen von einem kleinen Schuppen noch keine Gebäude in diesem Bereich des Anwesens gab. Spätere Fotografien von Arthur Elliot aus dem ausgehenden 19. Jahrhundert zeigen an die Agterkamer angebaute Strukturen in Form eines „Afdak“ genannten Schuppens mit Flachdach. Architekt John Rennie fertigte 1987 einen Entwurf an, der deutliche Unterschiede im Layout gegenüber dem heutigen Restaurantbereich zeigt. Es beweist, dass immer wieder Umbauten an diesem Teil des Anwesens vorgenommen wurden. Mehrere Innenwände wurden durchbrochen, um Platz für ein Restaurant zu schaffen. Während der Umbauarbeiten zwischen 1987 und 2001 wurde ein offener Kamin installiert, während die Küche selbst bis zum hinteren „Werf“ des Anwesens ausgebaut wurde. Dabei wurden ein neues Dach und neue Zugänge angelegt. Die Arbeiten, die mit denen am Haupthaus entsprechen, umfassen einen kompletten Neubau vom Boden bis zur Decke. Die einzige noch vorhandene ältere Wand entstand vermutlich im 19. Jahrhundert und wurde vor den letzten Umbauarbeiten an drei Stellen durchbrochen. Diese Öffnungen wurden später wieder verschlossen. Anschließend entstanden Bögen als Verbindung der beiden Seiten des Esszimmers, bei denen zwei Wandschränke erhalten blieben. Diese Räume sind die jüngsten des Anwesens und die einzigen größeren Strukturen aus dem 20. Jahrhundert.
STRUKTURELLER ZUSTAND ZUR ZEIT DER AKQUISITION UND ERFOLGTE MAßNAHMEN
Zum Kaufzeitpunkt waren die Gebäude des Landgutes weitgehend heruntergekommen und bedurften einer dringenden Instandsetzung. Ein Bauingenieur wurde mit der Untersuchung der Gebäude und der Statik beauftragt. Er stellte auch einen Plan mit kurz-, mittel- und langfristig erforderlichen Maßnahmen.
Die Grundmauern
Die Gebäude ruhen vermutlich nicht auf formalen Grundmauern, sondern wurden über eine dünne Felsschicht erbaut. Dies beeinflusste die Planung notwendiger Ergänzungen und erfordert teilweise eine neue Untermauerung. Die Arbeiten sind abgeschlossen.
Die Wände
Die Wände bestehen aus einer Mischung aus Stein, gebrannten und ungebrannten Tonziegeln und Erdboden. Wie üblich bei kapholländischen Bauten wurden die Wände mit Kalk verputzt und mit Kalkfarbe bemalt. Da diese atmet, musste sie jährlich erneuert werden. Durch die lange Vernachlässigung der Fassaden befanden sich die Mauern zuletzt in einem restaurierungsbedürftigen Zustand und wiesen zahlreiche Risse und lose Stellen auf. Glücklicherweise ergab die Prüfung, dass die Risse in den Mauern des Haupthauses, der Scheunen, der alten Sklavenunterkünfte und des Cottages keine bedeutenden strukturellen Probleme verursacht haben. So konnten sie zeitnah repariert werden, um das weitere Eindringen von Wasser in die Mauer und damit eine weitere Verschlechterung des Zustandes zu vermeiden. Im Keller wurden ebenfalls Risse festgestellt, die ebenso überarbeitet werden konnten.
Die Dächer
Das Reetdach des Haupthauses hatte zwar in den letzten Jahren einige kleinere Reparaturen und Instandhaltungsmaßnahmen erfahren, befand sich jedoch allgemein in schlechtem Zustand. Die Holzstruktur, auf der das Reet aufliegt, enthält heute noch große Teile des ursprünglichen Holzes. Allerdings gab es von Käfern verursachte Schäden, die beseitigt werden mussten. Maßnahmen gegen weiteren Insektenbefall wurden getroffen. Bei einem Teil des Daches über der Agterkamer betrug durch Materialermüdung das Gefälle weniger als die bei Reetdächern üblichen 45 Grad. Das richtige Gefälle wurde wiederhergestellt.
Das Dach der alten Scheunen war in extrem schlechtem Zustand und war teilweise eingefallen. Das gesamte Dach musste dringend ausgetauscht werden, um die Wände und Böden zu retten, die über längere Zeit aufgrund der Leckagen im Dach teilweise vermoost waren und deutliche Spuren der Verrottung aufwiesen.
Die Tür- und Fensterstürze waren überwiegend verrottet und von Käfern befallen. Sie mussten überholt, ergänzt bzw. ausgetauscht werden.
Die Kellerdecke befand sich in einem schlechten Zustand, was umfangreiche Restaurierungsarbeiten erforderte.
Die „Latte“-Decke musste im gesamten Gebäude ausgetauscht werden. Da Teile des Daches zusätzlich mit gesundheitsgefährdendem Asbest verschalt waren, waren spezielle Sicherheitsmaßnahmen bei der Arbeit erforderlich. Das Asbest wurde vollständig entfernt.
Brandschutz, Sanitär und Elektro
Umfangreiche Maßnahmen zur Brandsicherung und zur Einhaltung moderner Hygienestandards waren erforderlich. Der Betrieb des Anwesens als öffentliche Tourismusattraktion und professionelles Weingut machte hohe Investitionen in die Infrastruktur erforderlich, unter anderem für die Modernisierung der Heizungen, Elektrizität, Wasserleitungen und Kanalisation. Das Brandschutzkonzept musste entsprechend angepasst werden.
Zur Sicherstellung der Stromversorgung wurde eine eigene Solaranlage mit einer Leistung von über 300 kWh auf dem Gelände aufgestellt. Das Weingut ist somit von der öffentlichen Stromversorgung unabhängig.
Die vorhandenen Weinkeller wurden als zu klein für ein auf den internationalen Markt ausgerichtetes Weingut befunden und daraufhin in ein neu errichtetes Produktionsgebäude ausgelagert.
Sämtliche Maßnahmen zur Erhaltung und Verbesserung der Strukturen konnten vollständig abgeschlossen werden. 2024 konnten schließlich die Arbeiten in den Gastronomie- und Hospitality-Flächen abgeschlossen werden.
HEUTIGE NUTZUNG UND ZUKÜNFTIGE PLÄNE
Vergenoegd Löw ist heute ein beliebtes Ausflugziel für Touristen, aber auch für die einheimische Bevölkerung. Als Weingut ist es gelungen an die Qualität und Reputation vergangener Zeiten wieder anzuschließen.
Weinbetrieb
Im Laufe der Planung und Durchführung der extensiven Renovierungsarbeiten wurde der Weinbau umfassend analysiert. Die Weinanbauflächen wurden vergrößert und die Kellerei vollständig erneuert. Die Lagerkapazitäten wurden auf 150.000 Liter aufgebaut, dazu kommt das Flaschenlager.
Neue Vertriebsstrukturen nach Asien, vor allem China, und Europa wurden geschaffen. Der Auftritt des Weingutes nach außen wurde überholt. Um dem Weingut auch ein Gesicht nach außen zu geben, das für Qualität und Zuverlässigkeit steht, wurde der Name erweitert. Unter der Marke „Vergenoegd Löw“ soll nun ein neues Kapitel in der über 300-jährigen Geschichte des Anwesens beginnen. Als Kernwerte gelten für die Produktion und Präsentation der Weine nun NACHHALTIGKEIT, KULTURERBE, MENSCHEN und PREISGEKRÖNTE WEINE. Auf dieser wirtschaftlichen Basis eröffnet sich eine vielsprechende Zukunft, die auch weiterhin den Bedürfnissen der fortlaufenden Konservation dieses architektonischen Juwels am Western Cap entspricht.
Restaurants
Im Zuge der Renovierung wurden drei Gastronomiebereiche eingerichtet.
In „Clara‘s Barn“ konnte ein Fine Dining Restaurant eröffnet werden, das immerhin zu den 30 besten Restaurants Südafrikas zählt.
Das „Deli“ bietet günstige Leckerbissen zu überschaubaren Preisen im Garten des Manor House. Hier werden auch lukullische Picknick-Körbe ausgegeben.
In der Kelterei befinden sich gemütliche gastronomische Flächen für Wine Tastings.
Hospitality
Auf dem Gelände des Weingutes wurden mehrere Übernachtungsmöglichkeiten für Gäste geschaffen. Hierbei wurde auf die Errichtung eines kompakten Hotelkomplexes verzichtet, sondern eine dezentrale Strategie autonomer Kleinbauten verfolgt, die sich unauffällig in die Landschaft einfügen. Von hier kann man den Betrieb des Weingutes, die Umweltaktivitäten, die Naturschutzzonen mit ihrer reichen Flora und Fauna sowie die gastronomischen Einrichtungen begutachten. Der Hotelbetrieb wurde 2023 eröffnet und zählt mit 5 Sternen zu den besten Hotels Südafrikas.
Kunst
Für die künstlerische Begleitung des Gesamtprojekts konnte der Weltklassekünstler Dylan Lewis gewonnen werden. Zahlreiche Großplastiken können auf einem eigenen Kunstpfad erlebt werden und runden den Gesamteindruck der Farm ab.
Gäste
Das Weingut wird für jedermann geöffnet. Verschiedene Programme sollen den Gästen einen Einblick in den Weinbau, aber auch in die Umweltschutzaktivitäten geben. Ein eigener Vertriebsbereich ermöglicht den Gästen nicht nur Weine des Gutes, sondern auch andere Produkte zu fairen Preisen zu erwerben.
Schulklassen sind regelmäßige Besucher, da nirgendwo sonst die südafrikanische Geschichte am Kap so hautnah erlebt werden kann.
AKTUELLE MELDUNGEN
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Videobeiträge:
Das Weingut Vergenoegd Löw ist für den Einsatz seiner “Runner Ducks” weit über die Grenzen Stellenboschs bekannt. Für die gefiederten Mitarbeiter der Farm interessiert sich auch das ZDF Mittagsmagazin, das das Weingut, welches zu den ältesten der Region gehört, besuchte.
Der Beginn der Weinlese auf dem Weingut Vergenoegd Löw in Stellenbosch wurde in diesem Jahr feierlich eingeläutet. Um hieran teilnehmen zu können waren die Kuratoren des European Heritage Projects Clara und Peter Löw extra angereist. Wann und weshalb das European Heritage Project die Farm erwarb und welche Pläne es für das Anwesen erfahren Sie im Video.
Südafrika, Kapstadt: Hier ist das Weingut Vergenoegd Löw zu Hause. Es zählt zu den ältesten der Region und steht mit seiner charakteristischen Architektur für einen Teil europäischer Kolonialgeschichte. Lehnen Sie sich einen Moment zurück und genießen Sie den virtuellen Ausflug