Der altehrwürdige Konvent San Martino a Sezzate ist das Aushängeschild des kulturgeschützten Cintoia-Tals. Von den römischen Kaisern bis zur Florentiner Patrizierfamilie Bardi, hier wurde europäische Geschichte geschrieben.
Gemeinsam mit den berühmten drei Burgen („i tre castelli“), nämlich dem Castello di Mugnana, dem Castello di Cintoia und dem Castello di Sezzate bildet der alte Konvent San Martino mit seiner mittelalterlichen Kirche das sichtbare Wahrzeichen des sogenannten „verzauberten” Cintoia-Tals, la valle incantata.
Strategisch günstig zwischen Florenz und Siena gelegen, war er über Jahrhunderte Zankapfel zwischen kaiserlichen und päpstlichen Loyalisten. Als Anrainer der römischen Via Cassia entstand hier aber auch eine der wichtigsten Pilgerrouten von Canterbury nach Rom, die Via Francigena.
San Martino a Sezzate stand später im 17. Jahrhundert unter der Schirmherrschaft der florentinischen Patrizierfamilie Bardi, die zu den einflussreichsten Bankiers Europas aufstieg, unter anderem die Entdeckung Amerikas finanzierte und den Medici half, durch Heirat an die Macht zu kommen.
San Martino a Sezzate war immer eng mit dem benachbarten Castello di Sezzate liiert, war es doch das geistliche Zentrum der nahen Burg. Während der Name Sezzate auf eine lombardische Siedlung aus dem 7. Jahrhundert hinweist, wurde der Konvent San Martino erstmals im 12. Jahrhundert schriftlich erwähnt.
Heute gehören sowohl der Konvent als auch das anrainende Dörfchen Sezzate mit seinen großen Agrarflächen zum European Heritage Project. Als Teil der berühmten Region Chianti wird neben Oliven auch der berühmte Chianti Classico angebaut. Und in der immer noch konsakrierten Kirche des Konvents wird heute wie damals die Messe gelesen.
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KAUFSITUATION
Nachdem der Konvent San Martino jahrhundertelang unter der Verwaltung der Erzdiözese Florenz gestanden hatte, wurde der Kirchen- und Klosterkomplex 1985 an ein italienisch-australisches Ehepaar (Ehefrau Australierin) verkauft. Das Patrizierhaus aus dem 17. Jahrhundert, am Fuße des Hügels etwas unterhalb des Konvents gelegen, ging an eine italienische Familie, die dort einen landwirtschaftlichen Agriturismo-Betrieb aufbaute.
Nach dem tragischen Tod des italienischen Ehemanns des Eigentümerehepaares des Konventkomplexes gelang es dem European Heritage Project im Jahr 2006 das obere Anwesen zu erwerben. Die Witwe wollte offensichtlich nicht bei ihrer italienischen Schwiegermutter bleiben sondern nach Australien zurückkehren.
Der Kauf der Patriziervilla mit dem Agrarbetrieb erfolgte 2014, nachdem die Eigentümerin des Agriturismo sich nach dem plötzlichen Tod ihres Ehemannes gleichfalls entschlossen hatte, sich zurückzuziehen. Sie bot das denkmalgeschützte Gebäude dem European Heritage Project zum Kauf an. Weitere landwirtschaftliche Flächen und Gebäude sowie große Teile des verlassenen Dörfchens Sezzate konnten durch das European Heritage Project in den folgenden Jahren hinzuerworben werden.
Da die Straßenführung sich über die letzten 500 Jahre stark verändert hatte und die Römerstraße schon lange nicht mehr als Transportweg genutzt werden konnte, konnte das bäuerliche Wirtschaften die Bewohner nicht mehr ernähren. Die Landbevölkerung war in die tiefergelegenen Städte der Ebenen abgewandert.
Durch den Erwerb der verschiedenen Parzellen ist es nunmehr gelungen ein wichtiges Ensemble der toskanischen Geschichte wieder zu vereinen. Weinwirtschaft, Olivenanbau aber auch sakrale Einkehr bestimmen erneut den Alltag auf San Martino.
ANWESEN: ZAHLEN & FAKTEN
Der alte Konvent San Martino a Sezzate gehört zur Gemeinde Greve im Chianti. Er liegt zirka 15 Kilometer südlich von Florenz und etwa 45 Kilometer nördlich von Siena am Rande des Cintoia-Tals. Das gesamte Tal wurde inzwischen zu einem Denkmalschutzgebiet erklärt.
Das Anwesen besteht aus den Konventsgebäuden einschließlich der Konventskirche, sowie einem Patrizierhaus aus dem 17. Jahrhundert mit angeschlossenen landwirtschaftlichen Gebäuden und mehreren Dorfhäusern, die historisch teilweise zu Wohnzwecken, überwiegend aber zu landwirtschaftlichen Zwecken genutzt worden waren. Zwischen dem Konvent und dem Patrizierhaus befindet sich ein proprietärer Friedhof, der aber seit mehr als 100 Jahren nicht mehr benutzt wird.
Die Wohnflächen summieren sich auf über 2.000 m². Die Gesamtfläche des Anwesens übersteigt 30 Hektar. Davon werden wieder knapp 23 Hektar für die Olivenproduktion (zirka 3.500 Olivenbäume) genutzt und 4 Hektar durch Anbau der Sangiovesetrauben bewirtschaftet. Die Weinlage ist im Besitz einer Zertifizierung zur Herstellung des berühmten „Chianti Classico“. Das produzierte Olivenöl wurde inzwischen mehrfach international prämiert.
GESCHICHTE
Bis zum 7. Jahrhundert: Etrusker, Römer und Langobarden: Die frühe Besiedlung von Sezzate
Bereits im ersten Jahrtausend vor Christus lässt sich in unmittelbarer Nähe des Konvents eine etruskische Siedlung nachweisen, die unter dem Namen „Munius“ überliefert ist. Während sich die Etrusker selbst Rasenna nannten, bezeichneten die alten Römer sie als Etrusker – die Tuscī oder Etruscī. Ihr römischer Name wurde zum Ursprung des Wortes „Tusculum”, Vorgänger der heutigen Bezeichnung Toskana.
In der nachfolgenden Römerzeit übernahm diese Stelle eine wichtige militärische Funktion, überschritt hier doch die von Rom nach Norden führende Heeresstraße „Via Cassia“ den nach Westen vorgelagerten Höhenrücken, um sich dann dem Valdarno zu nähern. Reste der alten Römerstraße begrenzen das Grundstück nach Osten und sind heute noch zu besichtigen.
Im 5. Jahrhundert wurde die römische Via Cassia Teil der Via Francigena, einer Straßen- und Pilgerroute, die von der Kathedralenstadt Canterbury über den Ärmelkanal durch Frankreich und die Schweiz bis nach Rom führte. Die Italiener nannten sie Via Francigena, „die Straße der Franken”, und sie gilt bis heute als eine der längsten und wichtigsten Pilgerrouten Europas.
12. bis 14. Jahrhundert: Ein begehrtes Territorium – Sezzate als Kerngebiet des politischen Streites
Obwohl der Name „Sezzate“ auf eine langobardische Gründung aus dem 7. Jahrhundert hindeutet, finden sich erst im 12. Jahrhundert ausdrückliche urkundliche Erwähnungen. Seinerzeit gehörte die Kirche zum unterhalb gelegenen „Castello di Sezzate“, einem typisch mittelalterlichen Wehrbau, der ursprünglich von einem eigenen Burgdorf umgeben war. Die damaligen Herren, die Florentiner Familie Alamanni, zählten zur kaisertreuen Fraktion der Ghibellinen, einer politischen Gruppierung, die sich in der Auseinandersetzung zwischen dem deutschen Kaiser und dem Papsttum der imperialen Seite zuneigten. 1198 wurde hier die „Lega Toscana“, ein Zusammenschluss der Stadt Florenz mit einigen Orten des Chianti-Gebietes, ausgerufen. Die Grenze des Heiligen Römischen Reiches, das heißt die Südgrenze der Reichsgrafschaft Tuscien, verlief bis in die zweite Hälfte des 14. Jahrhunderts zirka 100 Kilometer südlich von Sezzate. Dort sollte es zu den heftigsten Auseinandersetzungen zwischen päpstlichen und kaiserlichen Truppen kommen.
Das gesamte Gebiet von Sezzate war weitgehend wirtschaftlich unabhängig, nachdem die Alamanni während ihrer Herrschaft im 12. und 13. Jahrhundert mehrere Getreidemühlen im Cintoia-Tal errichtet hatten. Dennoch garantierte die Menge der produzierten Pflanzen nur die Selbstversorgung.
Im 13. Jahrhundert wurde San Martino an die Familie der Conti Guidi übertragen, die als kaiserliche Statthalter zunehmend in die Kämpfe zwischen Guelfen und Ghibellinen involviert waren. 1249 konnte das abtrünnige Florenz durch kaiserliche Truppen erobert und die Guelfen zum Verlassen der Stadt gezwungen werden. Doch der Sieg war nur von kurzer Dauer. Erst durch die Schlacht von Montaperti 1260 konnten die guelfischen Truppen geschlagen werden. Im Zuge dieser Auseinandersetzungen erlitt das Castello di Sezzate schwere Schäden, während der Konvent San Martino weitgehend verschont blieb.
Als einer der prominentesten und entscheidenden Kämpfe der Renaissance-Toskana wurde die Schlacht von Montaperti später in Infernos „Canto 32” verewigt, dem ersten Teil von Dante Alighieris (1265-1321) epischem Erzählgedicht „Die Göttliche Komödie”, das 1320 fertiggestellt wurde.
Am Ende des 13. Jahrhunderts setzten sich in Florenz erneut die Guelfen durch, nur in den umliegenden Landbezirken konnten sich die aristokratischen Ghibellinen behaupten.
15. bis 18. Jahrhundert
Im 15. Jahrhundert fiel San Martino in die Hände der berühmten florentinischen Familie Bardi, die die Kirche unter ihrer Schirmherrschaft 1600 erweiterte und umgestaltete. Seitlich des Hauptaltars erinnern noch heute Inschriften an die Beteiligung von Scipione Jacopo di Bardi. Die Inschrift links lautet wie folgt:
SCIPIO IAC.
OBI DE BARDIS
VENERABILI. D.
MARTINI ECCL.
ESIAE A SETIATA
NONACINTA. SC
VTATOS IPSIVS
TEMPLIVSVL
AVIT. A.D.
MCXCIII
“Meister Scipio Jacobus di Bardi, Gönner der ehrwürdigen Kirche St. Martin in Setiata hat 90 Dukaten gespendet, die für seine Kirche verwendet werden sollen, AD 1593”.
Die Inschrift auf der rechten Seite lautet:
D. IONBAT
ANICH. HVIVS
ECCLESIAE R.
HOC ALTARE
PEANE DIRVTVM
AC VETVST
ATE CONSUMPV
PHUM D. SCIP
PECUNIIS RE
STAVRANDVM
CURAVIT
A.D. MDCV
“Johannes Baptist Anchini, Gönner dieser Kirche, hat die Rekonstruktion des fast eingestürzten und von der Zeit ausgelaugten Altars ermöglicht. Der Altar wurde mit dem Geld von Signore Scipio rekonstruiert. AD 1605”
Die Bedeutung der kleinen Kirche San Martino in diesen Zeiten darf nicht unterschätzt werden. Die alte Römerstraße war noch immer die wichtigste Verbindungslinie zwischen Florenz und Siena, da die heute üblichen Talverbindungen damals noch nicht erschlossen waren oder aus taktischen Gründen nicht genutzt wurden. An San Martino kam man also nicht vorbei. Wie auf alten topographischen Stichen nachgewiesen, war das kleine Gotteshaus außerdem bis zum Ende des 16. Jahrhunderts eines von lediglich fünf Kirchengebäuden, die sich außerhalb der Städte Florenz und Siena befanden.
Sezzate gewann weiter an Bedeutung, als Cosimo III. de’ Medici (1642-1723), Großherzog von Toskana, ein Edikt erließ, in dem er 1716 die Grenzen des Chianti-Distrikts offiziell anerkannte. Dieses Dokument diente zudem als erstes Rechtsdokument der Welt, das ein Weinbaugebiet definierte.
Obwohl Wein seit dem 13. Jahrhundert im Chianti-Gebiet produziert wurde – frühere Quellen beschreiben die Weine des Chianti als ursprünglich ausschließlich weiß -, war es dieses Edikt, das schließlich zu einem neuen wirtschaftlichen Aufschwung für die gesamte Region führte, indem überwiegend Sangiovese-Trauben angebaut und zu dem gemacht wurden, was heute unter der Bezeichnung Chianti Classico geschützt ist.
WISSENSWERTES & KURIOSES
Die herrschenden Familien von Sezzate
Sezzate war im Laufe vieler Jahrhunderte ein politisch-strategischer Streitpunkt zwischen den papstfreundlichen Welfen und eher kaisertreuen Ghibellinen gewesen. In diesem Konflikt versuchte die zeitweise von Welfen regierte Republik Florenz, ihr Territorium kontinuierlich zu erweitern, wohingegen die ghibellinischen Städte, allen voran Siena, bemüht waren, diese Absichten zu durchkreuzen.
Doch was entscheidend für die Förderung und Verteidigung der päpstlichen oder kaiserlichen Interessen sein sollte, waren die sehr einflussreichen Patrizierfamilien von Florenz und Siena, die Sezzate im Laufe der Geschichte prägten.
Im 12. und 13. Jahrhundert waren es die Alamanni, die Sezzate zu ihrem Einflussbereich zählten. Sie wurden im späten 13. Jahrhundert von den Guidi abgelöst. Und im 15. Jahrhundert schließlich fiel Sezzate an die Bardi.
Alamanni
Die alte florentinische Adelsfamilie Alamanni war, wie ihr Name schon verrät, eine Familie germanischen Ursprungs. Über ihren Abstieg wurde erstmals 1478 in einem kurzen Gedicht von Ugolino di Vieri (1438-1516) über die Herrlichkeiten von Florenz berichtet und lautet:
„Nobile e antica fu la schiatta deli Alamanni. Gente venuta da lontano, originata da sangue germanico”.
“Adel und Altertum war die Linie der Alamanni. Menschen, die aus der Ferne kamen und von deutschem Blut stammen”.
Sie waren im Mittelalter Herren verschiedener Schlösser und zogen Anfang des 13. Jahrhunderts nach Florenz, wo sie sich in Oltrarno, einem Viertel von Florenz südlich des Arno, niederließen. Die Alamanni, die bereits dem Adel angehörten, widmeten sich der Handelstätigkeit, die der Stadt Florenz in der kurzen Zeit von 1336 bis 1340 zu Reichtum verhalf. Der Stadtchroniker und Diplomat Giovanni Villani (1280-1343) bezeichnete die Familie als eine der bedeutendsten in Florenz. Ihr Unternehmen, angeführt vom Familienoberhaupt Salvestro Alamanni, handelte Wolle und weitere Produkt mit anderen italienischen und ausländischen Staaten. Ihr sofortiger Erfolg machte sie bald auch zu Bankiers und Langobarden. Obwohl die Alamanni vom plötzlichen Aufstieg der Medici nicht begeistert waren, praktizierten sie strategisch eine bestimmte Form der politischen Neutralität. Diese Unparteilichkeit verschaffte ihnen den Zugang zu wichtigen Positionen wie dem Botschafter (Gonfaloniere di Giustizia), der wichtigsten Stelle in der Regierung der Republik Florenz. Piero Alamanni (1435-1519) zum Beispiel wurde florentinischer Botschafter in Mailand.
Doch sein Sohn Luigi (1495-1556), ein berühmter Humanist sowie ein fruchtbarer und vielseitiger Dichter, bekundete offen seine Feindseligkeit gegenüber den Medici. Luigi beteiligte sich an einer erfolglosen Verschwörung gegen Giulio de’ Medici (1478-1534), den verstorbenen Papst Clemens VII. Die Verschwörung fand bei geheimen Treffen im Garten Orti Oricellari statt, an denen auch der politische Philosoph Niccolò Machiavelli (1469-1527) beteiligt war. Nach dem gescheiterten Putsch floh Luigi Alamanni nach Frankreich. Zuerst zog er sich in Lyon zurück und ging dann nach Paris, wo er am Hof von König Franz I. (1494-1547) und später am Hof von Heinrich II. von Frankreich (1519-1559) sowohl gastfreundlich empfangen als auch geehrt wurde. Darüber hinaus stand er unter dem persönlichen Schutz der Frau des französischen Königs, Catherine de Medici (1519-1589). Nach der Flucht von Luigi Alamanni wurde der Familienbesitz in Florenz mit seinem gesamten Besitz beschlagnahmt. Luigis Söhne wurden in Luigis neuer Heimat Frankreich erfolgreich: Giovan Battista (†1582) wurde Bischof von Bazas und Mâcon, und Niccolò, Kommandant der französischen Armee, kämpfte mit Piero Strozzi (1510-1558) bei der Verteidigung der Ghibellin-Stadt Siena gegen den Großherzog von Toskana Cosimo I de’ Medici (1519-1574). Ein Teil der Familie ließ sich später in Neapel und der Region Kalabrien nieder, wo sie zwei Paläste in den Gemeinden Tiriolo und Catanzaro errichteten und so im 18. Jahrhundert den Zweig der Alamanni di Napoli gründeten.
Guidi
Die Guidi waren eine bedeutende und sehr einflussreiche mittelalterliche italienische Adelsfamilie, die ihren Ursprung in der historischen Region Romagna, der heutigen Toskana und Emilia-Romagna, hatte und erstmals im 10. Jahrhundert urkundlich erwähnt wurde. Laut einigen mittelalterlichen Historikern stammte die Familie von einem gewissen Teudelgrimo, oder Tegrimo, ab, der im September 951 zusammen mit Otto I. dem Großen (912-973) an der italienischen Kampagne teilgenommen haben soll. Nach dieser Überlieferung wurde er von König Otto als Zeichen der Dankbarkeit mit dem Schloss von Modigliana belehnt. Urkunden belegen jedoch schon zuvor die Existenz von Tegrimo Guidi (900-943) als Pfalzgraf von Toskana, der seinen Sitz in Pistoia hatte. Durch die Heirat mit Ingeldrada, der Tochter des Herzogs Martino von Ravenna, wurde Tegrimo 923 zum Grafen von Modigliana. Aus ihrer Ehe gingen die Kinder Ranieri und Guido hervor.
Mitte des 12. Jahrhunderts dominierten sie den florentinischen Contado (Bezirk) mit Besitztümern östlich von Florenz und in der toskanischen Romagna, den Contadi von Bologna, Faenza, Forlì und Ravenna. Am einflussreichsten waren sie im hügeligen Casentino-Land des Oberarno und Mugello, in den Provinzen Arezzo und Florenz. Der Regierungssitz der Familie war von 1190 bis 1440 das Schloss Poppi in der Provinz Arezzo, als die Grafen von Guidi, die damals ein Bündnis mit Mailand schlossen, in der Schlacht von Anghiari gegen die Italienische Liga und die Republik Florenz besiegt wurden.
Aber bereits im 13. Jahrhundert hatten die Guidi viele ihrer Gebiete an expandierende Gemeinden verloren und waren zusätzlich in Konflikte zwischen verschiedenen Städten sowie zwischen Welfen und Ghibellinen verwickelt. Die Familie wurde noch weiter geschwächt, da sie in mehrere, manchmal gegensätzliche Zweige innerhalb der Familie aufgeteilt wurde, die entweder dem Papst oder dem Kaiser gegenüber loyal waren. Der Casentino-Zweig der Grafen von Poppi war der letzte, der seine Unabhängigkeit bis 1440 bewahrte.
Bardi
Die Bardis waren eine bedeutende florentinische Patrizierfamilie. Sie gewannen an Einfluss durch die Gründung der mächtigen Bankgesellschaft Compagnia Dei Bardi im Jahr 1250. Im 14. Jahrhundert liehen die Bardis König Edward III. von England (1312-1377) 900.000 Goldflorins, eine Schuld, die er nicht zurückzahlen konnte. Hinzu kamen 600.000 Florins, die von einer anderen florentinischen Familie, den Peruzzi, geliehen wurden, was zum Zusammenbruch beider Familienbanken führte. Im Laufe des 15. Jahrhunderts arbeitete die Familie Bardi weiterhin in verschiedenen europäischen Zentren und spielte eine wichtige Rolle bei der Finanzierung einiger der frühen Entdeckungsreisen nach Amerika, darunter die von Seeleuten und Entdeckern wie Christopher Columbus (1451-1506) im Jahr 1492 und John Cabot (1450-1498) im Jahr 1497.
Die Adelsgeschichte der Familie Bardi ist seit dem Jahr 1164 nachgewiesen, als der Heilige Römische Kaiser Friedrich Barbarossa (1122-1190) die Grafschaft Vernio – heute zur Provinz Prato im Norden der Toskana gehörend – an den Grafen Alberto Bardi übergab, zusammen mit dem „Recht, seinen Nachkommen den Adelstitel zu verleihen”. Gräfin Margherita, die letzte von Albertos Linie, verkaufte Vernio an ihren Schwiegersohn Piero de’ Bardi. Albertos Besitz umfasste ein Schloss und neun Gemeinden, die sich 22 Meilen von Florenz entfernt in einem Gebiet befanden, das an die historische Region Mugello angrenzte. Im Laufe des 14. Jahrhunderts wurde die Familie Bardi so mächtig, dass die florentinische Regierung sie für eine Bedrohung hielt. Sie wurden schließlich gezwungen ihre Burg an die Republik Florenz zu verkaufen, da „befestigte Burgen in der Nähe der Stadt als Gefahr für die Republik eingestuft wurden”.
Um 1290 hatten die Familien Bardi und Peruzzi Niederlassungen in England gegründet und galten Anfang des 14. Jahrhunderts als die wichtigsten europäischen Bankiers. In dieser Zeit sammelten sie durch die Gewährung verschiedenster Finanzdienstleistungen einen enormen Reichtum an. Beide Familien erleichterten den Handel, indem sie den Händlern Wechsel, ähnlich den heutigen Schecks, zur Verfügung stellten. So konnte ein Schuldner in einer Stadt Geld einzahlen, das dann in einer anderen Stadt nur durch Vorlage der Rechnung an einen Gläubiger ausgezahlt werden konnte. Die Familie Bardi hatte dreizehn verschiedene Bankfilialen in Barcelona, Sevilla, Mallorca, Paris, Avignon, Nizza, Marseille, London, Brügge, Konstantinopel, Rhodos, Zypern und Jerusalem gegründet. Die Tatsache, dass einige der mächtigsten Herrscher Europas bei der Familie Bardi verschuldet waren, führte letztlich dazu, dass die Bankiersfamilie Gegenstand zahlreicher Anfeindungen wurde.
Trotz zwischenzeitlicher Insolvenzgefahr ihrer Bank gehörte die Familie Bardi zu den erfolgreichsten Kaufleuten Italiens und profitierte weiterhin von ihrem Adelstitel. Zahlreiche Familienmitglieder nahmen wichtige Positionen ein und dienten als Kreuzritter, Ritter und sogar als Botschafter des Papstes in Rom. Die Heirat der Contessina de’ Bardi (1390-1473) mit Cosimo de’ Medici (1389-1464) im Jahre 1415 war ein Schlüsselfaktor bei der Etablierung des Hauses der Medici als mächtigste politische Dynastie in Florenz. Cosimo belohnte die Familie Bardi für ihre Unterstützung und stellte ihre politischen Rechte bei seinem Aufstieg 1434 wieder her. 1444 befreite er sie sogar von der Zahlung bestimmter Steuern.
Neben dem Bankwesen waren die Mitglieder der Familie Bardi „große Gönner der Mönche”. So stand beispielsweise der 1317 heiliggesprochene Bischof Louis von Toulouse (1274-1297) den Bardis sehr nahe. Nach seinem Tod und seiner Heiligsprechung kauften sie eine Kapelle in der Franziskanerkirche Santa Croce rechts neben dem Altar und bauten eine neue, größere Kapelle und weihten sie Louis von Toulouse. Die Bardis waren auch berühmte Mäzene der Kunst. Ihr bekanntestes Erbe sind zwei bedeutende Gemälde, die beide als Bardi-Altarbild bezeichnet werden. Das erste, das 1484 vom Renaissance-Meister Sandro Botticelli (1445-1510) gemalt wurde, zeigt die Heilige Jungfrau mit dem Kind, das zwischen Johannes dem Täufer und Johannes dem Evangelisten thront. Das zweite Bardi-Altarbild von 1521 ist ein Werk des italienischen, manieristischen Malers Parmigianino (1503-1540), das die „Mystische Hochzeit der Heiligen Katharina von Alexandria” darstellt.
Und so statteten die Bardis auch die Konventskirche San Martino a Sezzate neu aus.
ARCHITEKTUR
Chiesa di San Martino
Die mittelalterliche Kirche San Martino zeichnet sich durch einen einfachen, einschiffigen Bau aus, der Ruhe und Geborgenheit ausstrahlt. Die Sakristei befindet sich hinter dem eigentlichen Altar und ist durch eine gebogene Öffnung mit dem Kirchenschiff verbunden.
Die Kirche wurde in ihrer Geschichte mehrfach umgebaut und erweitert. Die Seitenaltäre waren ursprünglich mit zwei Gemälden aus der Zeit unter der Schirmherrschaft der Familie Bardi verziert. Beide Gemälde sind heute Teil der Ausstellung des Museo di San Francesco in Greve in Chianti: die aus der Renaissance-Zeit stammende „Madonna mit Kind zwischen St. Anthony Abbas und St. Lucia”, ein florentinisches Kunstwerk aus den ersten Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts, und das Barockbild „Presentazione di Gesú al Tempio” – die Darstellung Jesu im Tempel -, das ursprünglich den südlichen Teil des Altars schmückte. Das zweite Gemälde geht auf die florentinische Schule des frühen 17. Jahrhunderts zurück und wurde von Bardis Neffen Giovan Battista Anchini gestiftet. Auch andere Kirchenobjekte wurden im Laufe der Zeit entnommen. Besonders erwähnenswert ist eine wertvolle Kasel aus dem 17. Jahrhundert, die mit den Wappen der Familien Bardi und Strozzi bestickt ist und heute im Museo di Arte Sacra in Greve in Chianti ausgestellt ist.
Der gesamte Kirchenkörper ist nach historischer Auffassung gen Osten ausgerichtet. An der östlichen Altarwand hängt ein überdimensionales Kreuz mit einem gotischen Torso Christi aus dem späten 13. Jahrhundert. Die sentimentale Haltung des Christuskopfes wird durch die ornamentale Malerei, die die gesamte Figur bedeckt, eindrucksvoll unterstrichen. Hier wird der kunsthistorische Übergang vom triumphierenden zum leidenden Christus deutlich. Direkt davor steht der manieristische Hochaltar aus dem 17. Jahrhundert, der als Trennwand für den Kirchenraum dient. Er weist eine typisch florentinische Goldfarbe auf lapislazuli-blauer Basis sowie zahlreiche zinnglasierte Grotesken und figurative Darstellungen auf. Beide entstanden um 1500 und bilden den rechten und linken Flügel des Altar-Triptychons. Zwei gotische Figuren, der alttestamentliche König Salomo und der Heilige Martin, der Bischof von Tours, sind auf einem geprägten goldenen Hintergrund dargestellt. Martin ist der Schutzpatron des Konvents. Die Ikonen umrahmen die fast surrealistisch anmutende Darstellung der Auferstehung Jesu. Dieses zentrale Altarbild aus dem frühen 16. Jahrhundert ist nicht mehr mit dem typischen Goldgrund ausgestattet. Es markiert einen wichtigen Wandel in der sakralen Kunst. Es ist charakteristisch für das dreidimensionale Sfumato, einer Maltechnik zur Aufweichung des Farbübergangs, die ein charakteristisches Merkmal der niederländischen und flämischen Renaissance war und im florentinischen Raum weit verbreitet war. Links und rechts neben dem Altar befinden sich zwei Durchgänge, die an einen orthodoxen Kirchenaufbau erinnern.
Neben der gotischen Stein-Madonna aus dem 14. Jahrhundert befindet sich im nördlichen Seitenaltar ein Gemälde aus dem 17. Jahrhundert, das die Jungfrau Maria mit dem Heiligen Dominikus und andere unterstützende Figuren darstellt. Es steht einer Darstellung von St. Martin als „Cavaliere”, einem Reiter, im südlichen Seitenaltar gegenüber. Dieses Gemälde aus dem 15. Jahrhundert, das Mariotto Albertinelli (1474-1515) zugeschrieben wird, zeichnet sich durch seine Darstellung des Heiligen Martin als Ritter zu Pferd aus. Diese Darstellungsweise war insbesondere in den kriegerischen Zeiten des späten Mittelalters beliebt, sollte sie doch in idealisierender Weise die Vorbildfunktion des Kriegers als Vollstrecker des Willens Gottes verherrlichen.
Die übrigen Wände der Kirche waren mit Fresken verziert, die Szenen aus dem Leben des Heiligen Martin darstellen. Davon sind nur noch Fragmente erhalten.
Die Kirchenschatzkammer aus dem 12. bis 15. Jahrhundert, bestehend aus einem romanischen Kelch, einer gotischen Monstranz und einer goldenen Patene, spiegeln die transzendente Lebensweise wider, die ihr spirituelles Zentrum in der Kirche San Martino fand.
Ehemaliges Kloster
Der aufgelassene Konvent, der sich zusammen mit der Konventskirche um einen geschlossenen Innenhof gruppiert, umfasst drei Flügel, in denen sich Dormitorium, Refektorium sowie Arbeits- und Gebetsräume befanden. Am Mauerwerk lässt sich die abgestufte Wertigkeit der Komplexe ersehen. Während das Kirchenschiff aus sorgfältig bearbeiteten Steinquadern errichtet worden war, sind die restlichen Gebäude aus belassenen Natursteinen erbaut. Die verschiedenen Gebäudeteile stammen aus verschiedenen Jahrhunderten.
Das zweistöckige romanische Anwesen mit den ältesten Teilen aus dem 11. Jahrhundert erhebt sich über einem Olivenhain, der durch eine niedrige, der Straße zugewandten Mauer abgetrennt ist, die ebenfalls aus Natursteinen errichtet ist. Die Wand wird von zwei Säulen getrennt, die ein Portal bilden, das zur Eingangshalle der Kirche führt und so die historische Bedeutung der Sakralbauten unterstreicht. Das Untergeschoss des Gebäudes bildet ein direkt in den Felsen getriebener Keller, der eine konstante Temperatur von 14 Grad aufweist. Einst wurde er als Speisekammer und Weinkeller genutzt. Mit der Kirche im Nordwesten bildet das Kloster einen vierflügeligen Baukörper.
Im Erdgeschoss befinden sich auf leicht versetzten Ebenen einige größere Räume sowie eine geräumige Küche, da dieser Bereich des Klosters ursprünglich für Arbeitszwecke und Gästeempfang genutzt wurde. Im zweiten Stock befinden sich mehrere Räume, wohl ehemals Schlaf- und Arbeitsräume.
Trotz der mehrgeschossigen Bauweise ist die gesamte Gebäudearchitektur dem klassischen römischen Atriumhaus mit einfachen Fachwerkbindern nachempfunden. Die aufgeklappten Holzskelettträger des Daches, die in den Decken sichtbar sind, verleihen dem Innenraum einen ganz eigenen Charakter.
Die wahre Schönheit des Gebäudes zeigt sich jedoch im Innenhof, der ähnlich aufgebaut ist, wie in größeren Klöstern und Abteien üblich. Eine einfache Steinbank erstreckt sich über die gesamte Länge der Wand zur Kirchenseite hin. Die gegenüberliegende Seite bietet einen starken Kontrast zur ansonsten sehr einfachen und bescheidenen Natursteinarchitektur. Es ist das Juwel des Forums und zeichnet sich durch eine römische Bogenarkade aus, die von vier Säulen getragen wird, welche mit Renaissance-Fresken verziert sind. Über der Arkade befindet sich ein imposanter Galeriegang. In der Mitte des Innenhofes steht eine mit einem Schöpfturm bedeckte Backsteinzisterne, die zu einer Quelle führt, die auf einer Höhe von etwa 300 Metern über San Martino a Sezzate liegt. An der Westwand ist ein großer Marmorbrunnen aus dem 17. Jahrhundert angebracht. Der ockerfarbene Marmor dominiert das Erscheinungsbild des Innenhofes und betont die blassblauen und rotbraunen Elemente der Arkade.
Die Patriziervilla
Das zweistöckige Patrizierhaus aus dem frühen 17. Jahrhundert, eine sogenannte Casa Colonica, wurde noch von der Familie Bardi erbaut, ist aber in seiner Form wesentlich schlichter als San Martino gehalten. Es thront ebenfalls auf einer Bergzunge am Rande des Cintoia-Tales mit einer herrlichen Fernsicht auf die Hänge der weiten Landschaft und die Kirche San Donato.
Das freistehende, fast quadratische Gebäude verfügt über drei Stockwerke, wobei das unterste als Hangetage ausgebaut ist. Dort befinden sich neben dem Weinkeller auch die historischen Küchenräume. Die Decken im ersten Stock, der gleichzeitig das Parterre der Nordseite bildet, sind verputzte Tonnengewölbe, von denen eines noch heute mit einem originalen Fresko aus dem 17. Jahrhundert bemalt ist. Das dritte Stockwerk besitzt eine nach Süden ausgerichtete Loggia, die den innenliegenden Zentralsaal mit der Außenwelt verbindet. Von hier aus kann man die Oliven- und Weingärten überblicken. Auch die Fassade mit den dekorativen grauen Fensterlaibungen in pietra serena und die Portalrahmen mit den massiven, eisenbeschlagenen Holztoren geben dem Haus etwas selbstbewusst Dominantes.
STRUKTURELLER ZUSTAND ZUR ZEIT DER AKQUISITION
Als das European Heritage Project 2006 die Konventsgebäude von San Martino a Sezzate erwerben konnte, befand sich die gesamte Anlage einschließlich der alten und vernachlässigten Olivenhaine in einem ruinösen Zustand. Der desolate, vom Einsturz bedrohte Glockenturm zum Beispiel konnte noch in letzter Minute gerettet werden, bevor er das Kirchenschiff beschädigte.
RESTAURIERUNGSMAßNAHMEN
Als erste Maßnahme wurde ein detailliertes Raumbuch erstellt, das den genauen Zustand eines jeden Raumes vor der Renovierung nach den Vorgaben des Denkmalschutzes aufzeichnete.
2007 begannen dann die Restrukturierungsarbeiten. 2016 schließlich konnten sie in allen wesentlichen Bereichen abgeschlossen werden.
Heute ist das Anwesen San Martino wieder das, was es immer war. Ein Ort im Einklang mit der Natur, ein Ort der Besinnung und der seelischen Erneuerung.
Statik
Statische Probleme traten in den Konventsgebäuden nur in geringem Umfang auf. Lediglich Steinausbrüche bei den tragenden Wänden mussten neu verfüllt werden.
Etwas mehr Probleme traten im Souterrain des patrizischen Bauernhauses auf. Im Laufe der Jahre hatte sich in diesem Teil des Gebäudes Feuchtigkeit im Fundament und in den Wänden angesammelt, was zu enormen Wasserschäden und Schimmelpilzbildung geführt hatte. Die in das Mauerwerk eingedrungene Feuchtigkeit hat dazu geführt, dass das Mauerwerk teilweise verfallen und porös geworden war. Hier musste über Monate getrocknet werden. Beschädigte Elemente wurden dann ersetzt. Heute sind die Keller trocken und pilzfrei.
Das abgelegene Stallgebäude des Bauernhauses, der fenile, wies große Schäden auf. Das Dach einschließlich der Stützbalken war zusammengebrochen. Die Konstruktion wurde wieder aufgebaut. Die gebrochenen Träger wurden durch zusätzliche Tragbalken und Stahlträger entlastet und stabilisiert.
Dach und Fach
Die Dächer zeigten zahlreiche Undichtigkeiten. Ganze Dachziegelfelder mussten entfernt, repariert und wieder eingebaut werden. Um möglichst viel vom Originalmaterial zu erhalten, wurden nur vollständig zerstörte oder fehlende Dachziegel ersetzt.
Heizung, Elektrik, Wasserversorgung und Sanitäranlagen
Im Zuge der Bodensanierung wurde eine Fußbodenheizung installiert. Dadurch konnte das authentische und historische Erscheinungsbild der Räume erhalten werden. Alle Wasserleitungen, Telefon- und Stromleitungen, Bäder und Sanitäranlagen wurden ersetzt und nach nachhaltigen, energiesparenden Standards saniert.
Restaurierung
Bodenbeläge
Bei der Renovierung der Gebäude ging es vor allem darum, so wenig wie möglich zu verändern, sodass das ursprüngliche Verlegematerial innen und außen erhalten blieb. Nur gebrochene oder fehlende Natursteinplatten oder unlackierte Terrakotta-Fliesen wurden wieder integriert. Fehlende Teile wurden zudem durch Materialien aus der Umgebung ersetzt. Dort, wo die historischen Böden entnommen worden waren, wurden sie durch neue, nach historischen Vorbildern gefertigte Produkte ergänzt.
Türen & Fenster
Die antiken Kastanienholztüren und Fensterrahmen wurden überarbeitet und konserviert, um ihren ursprünglichen Zustand zu erhalten. In Abstimmung mit dem Denkmalschutz wurden später vermauerte Fensteröffnungen wieder geöffnet um die ursprüngliche Fenstersymmetrie wiederherzustellen.
Schließlich mussten durchgerostete Stahlgitter von Fenstern und Türen restauriert oder sogar ergänzt werden, da die stark beschädigten Gitter ein hohes Verletzungsrisiko darstellten.
Mauerwerk
Das Mauerwerk von San Martino war an verschiedenen Stellen instabil. Besonders störend war der spröde Mörtel. Aber zum Glück waren die ursprünglichen Natursteine der spätromanischen Bausubstanz insgesamt gut erhalten. So mussten die Steine nur entfernt, teilweise gereinigt und wieder eingebaut werden und das Mauerwerk neu ausgerichtet werden.
Das Patrizierhaus hatte in den letzten fünfzig Jahren eine Neuaufteilung in viele kleinere Räume erlebt, die den historischen Grundriss verändert hatte. Insbesondere die Nutzung als Agriturismo hatte zur Schaffung etlicher abgeschlossener Appartements geführt. Hier galt es vor allen Dingen die zahlreichen Leichtbauwände zu entfernen um wieder zum alten Grundriss zurückzukehren.
Die vermauerte Loggia im dritten Stockwerk konnte wieder geöffnet und die darin verbauten Säulen in pietra serena freigelegt werden.
Die verbliebenen Freskenmalereien wurden fachmännisch restauriert.
Restaurierung (Kunsthandwerk, Stuck, Fresken, etc.)
Bei der Restaurierung von San Martino musste der Kirche besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden. Unsachgemäßen Renovierungen hatten ihre historische Authentizität verändert. So waren beispielsweise der Altar und einige der ursprünglichen Wandmalereien durch falsche Farbgebung und Materialien stark verfälscht worden. Wie die sorgfältige Entfernung neuerer Farbschichten in den frühen Phasen des Restaurierungsprozesses zeigte, waren in einigen Fällen sogar die ursprünglichen Motive vollständig verändert worden. Nach den Ergebnissen archäologischer und kunsthistorischer Befundungen konnten Bodenbeläge, originale Wandfarben, Pigmente usw. präzise konserviert und restauriert werden. Die Restaurierung der Kirche erwies sich für die Restauratoren als eine besondere Herausforderung. Hier mussten verschiedene Elemente von der Gotik bis zur Renaissance und vom Manierismus bis zum Frühbarock erhalten werden.
Fehlende liturgische Gegenstände, die zur Feier der Heiligen Messe notwendig sind, wurden durch Originale aus dem 14. bis 17. Jahrhundert ersetzt.
Die Renaissance-Fresken, die die Arkade im Innenhof schmücken, sowie viele andere Wandmalereien aus verschiedenen Stilen, Epochen, Farben und Pigmenten, die sich auf die Räume des Klosters und der Galerie im ersten Stock verteilen, konnten gerettet werden.
Insgesamt konnten die wesentlichen Restaurierungsarbeiten 2016 weitgehend abgeschlossen werden. Lediglich in den neu erworbenen Dorfhäusern in Sezzate liefen noch Sanierungen. Diese konnten 2024 abgeschlossen werden.
HEUTIGE NUTZUNG
Ein Ziel des European Heritage Projects war es die landwirtschaftliche Tätigkeit auf dem Anwesen San Martino wieder in Gang zu setzen. Heute werden auf über 20 Hektar Land Oliven angebaut, um daraus das berühmte Ölivenöl der Toskana zu gewinnen. Das Öl hat bereits zahlreiche Preise gewonnen.
Auch die Weinproduktion wurde wieder aufgenommen. Auf zirka 4 Hektar wird jetzt der berühmte Chianti Classico angebaut.
Der Patrizierhof soll wieder für Übernachtungsgäste geöffnet werden. Dafür wird zur Zeit ein Konzept entwickelt.
Und der Konventsbereich dient wieder als Ort der Stille, der Kontemplation und des Gebets.
Videobeiträge:
Neben eigenen Weinbauflächen in Deutschland und Südafrika betreibt das European Heritage Project im Chianti Classico Gebiet in der Toskana auch eine eigene Olivenölproduktion. Löw TV war bei der Ernte und Produktion des Öls vor Ort.