Ziel ist es nicht leblose Gebäude aus der Vergangenheit zu erhalten, sondern kulturelle Werte, Ursprung und Traditionsreichtum als immaterielle Güter zu schützen.
In den Jahren 2000 und 2003 konnte das European Heritage Project zwei historische und regional einzigartige Einödhöfe aus dem frühen 17. Jahrhundert in der Tiroler Gemeinde Reith bei Kitzbühel erwerben. Am Astberg auf einer Höhe von 1.200 Meter im östlichen Alpenhochgebirge gelegen und in unmittelbarer Nähe zum Wilden Kaiser, stellen die Bergbauernhöfe besonders hinsichtlich der untypischen Höhenlage eine Besonderheit dar. Die Höfe sind Zeugen ärmlicher und unwirtlicher Lebensumstände vergangener Zeiten, die vom kargem Boden, der lediglich als Weideland für das grasende Vieh genutzt werden konnte, geprägt waren.
Nur wenige dieser Hochalmhöfe haben die Zeiten überdauert. Gleich zwei verwandte Höfe, Vorder- und Hinterasten, nebeneinander erwerben zu können ist ein seltenes Glück. Architektonisch treten sie durch das komplexe Zusammenspiel aus massiven Holz- und Steinkonstruktionen hervor. Gerade die Holzbauteile in Blockbauweise, welche dank der überdimensionierten Holzstämme über drei Jahrhunderte überdauern konnten, aber auch das solide Fundament, das direkt in die massiven Felsen gehauen wurde, haben dies überhaupt nur möglich gemacht. Wenn auch zum Zeitpunkt des Erwerbs durch das European Heritage Project schwer beschädigt, handelt es sich doch um ein besonderes Ensemble, das auch einen besonderen Schutz verdient hat.
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Die jahrhundertealte Geschichte der Höfe erzählt von der Zwietracht zweier Brüder um einen Hof und den dazugehörigen Landbesitz, den sie gemeinsam als Geschwister geerbt hatten. Nur im Streit trennten sie sich. Danach, so die Erzählung, sollen sie nie wieder ein Wort miteinander gewechselt haben. Ein kleiner Bach, den sie als natürliche Grenze gewählt hatten, fließt noch heute zwischen den beiden Höfen hindurch.
Die gesamte Region, welche einst zur Grundherrschaft des Klosters Berchtesgaden gehörte, war berühmt für ihre Silber- und Kupferminen und konnte dank dieser zwischen dem 15. und 18. Jahrhundert erheblichen Reichtum anhäufen. Dennoch war es nicht nur der Bergbau, der die hiesige Mentalität, Kultur und Architektur prägte, auch die schroffe Berglandschaft, das raue Klima und das einfache Leben leisteten maßgeblich ihren Beitrag. So wurde das Kitzbüheler Umland entscheidend von der einzigartigen Haltung des ausdauernden und demütigen Bergbauern und seinen kargen Almen geformt.
Diesen kulturhistorischen Aspekt zu schützen veranlasste das European Heritage Project zum Erwerb und der akribischen Renovierung der Objekte unter Einhaltung traditioneller Bauweisen und strengster Denkmalschutzauflagen.
Ziel war und ist es, das Erbe des Tiroler Landes zu bewahren, seine Bodenständigkeit zu respektieren, um so das legitime Gefühl der Verwurzelung und der Heimattreue zu achten.
Im Jahr 1999 befand sich der östliche der beiden Höfe, Vorderasten, in einem äußert verwahrlosten Zustand. Der damalige Besitzer, stark verschuldet und alkoholkrank, hatte das aus dem 17. Jahrhundert stammende Gebäude über mehrere Jahrzehnte massiv heruntergewirtschaftet, so dass die Innenräume schon aus hygienischen Gründen faktisch unbewohnbar waren. Aber auch die gesamte Konstruktion war akut einsturzgefährdet. Das European Heritage Project konnte das Gebäude schließlich im Sommer erwerben, um es anschließend in großem Umfang zu restaurieren.
Als erstes vom European Heritage Project akquiriertes, denkmalgeschütztes Gebäude, markierte dies den Beginn eines nachhaltigen Engagements zum Erhalt europäischer Kultur und Architektur.
Nach erfolgreichem Abschluss der Restaurierungsarbeiten erwarb das European Heritage Project im Jahr 2003 den ursprünglich zu den Bergbauernhöfen gehörigen tiefer gelegenen Stadl. 2010 gelang es den anderen benachbarten Berghof zum Anwesen hinzuzugewinnen, nachdem es ein in Münster ansässiger Besitzer zum Kauf anbot. Der Vorbesitzer hatten den Hof als Ferienhaus genutzt. Insgesamt war es in einem soliden Zustand.
KAUFSITUATION
Im Jahr 1999 war das rechtsseitige Holzhaus in einem äußert verwahrlosten Zustand. Der damalige Besitzer, stark verschuldet und alkoholkrank, hatte das aus dem 17. Jahrhundert stammende Gebäude über mehrere Jahrzehnte massiv heruntergewirtschaftet, so dass die Innenräume zum einen hygienisch wie auch versorgungstechnisch faktisch unbewohnbar waren, darüber hinaus war die gesamte Konstruktion akut einsturzgefährdet. Das European Heritage Project konnte das Gebäude schließlich im Sommer erwerben, um es anschließend in großem Umfang zu restaurieren.
Als erstes vom European Heritage Project akquiriertes, denkmalgeschütztes Gebäude, markierte dies ebenfalls den Beginn eines nachhaltigen Engagements zum Erhalt europäischer Kultur und Architektur.
Nach erfolgreichem Abschluss der Restaurierungsmaßnahmen sollte das European Heritage Project im Jahr 2003 den ursprünglich zu den Bergbauernhöfen gehörigen tiefer gelegenen Stall erwerben. Weiterhin gelang es 2010 das ältere linksseitige Nachbargebäude, welches historisch wie baulich in direkter Verbindung zum 1999 akquirierten Hof stand, zum Anwesen hinzuzugewinnen, nachdem es sein in Münster ansässiger Besitzer zum Kauf anbot. Die Vorbesitzer hatten den Hof lediglich als Ferienhaus genutzt, insgesamt war es in einem soliden Zustand, allerdings kam es etwa an der Fassade zu einigen Zweckentfremdungen.
ANWESEN: ZAHLEN & FAKTEN
Die Einödhöfe aus dem frühen 17. Jahrhundert stellen als Gesamtkomplex einen sogenannten Streuhof dar. Bestehend aus zwei freistehenden, etwa 30 Meter voneinander entfernten größeren Gebäuden, die ein kleiner Bach trennt und einem dazwischenliegenden Stall, sowie einem in niedrigerer Höhenlage gelegenem Stadl, ist die Anlage weiträumig isoliert. Das nächste bewohnte Gebäude, der Plattlhof, ist mehrere hundert Meter entfernt. Lediglich ein schmaler Weg führt ins Tal.
Die Bergbauernhöfe liegen in der Tiroler Gemeinde Reith bei Kitzbühel, im östlichen Alpenhochgebirge auf einer Höhe von 1.200 Metern. Die beiden Hauptgebäude sind jeweils zwei bzw. drei Stockwerke hoch. Die über die drei Gebäude verteilte Wohn- und Nutzfläche beträgt insgesamt 700 Quadratmeter, wobei sich das auf einer Hochalm gelegene Gesamtanwesen mit seinen Weiden und anliegenden Waldstücken über 7,2 Hektar erstreckt.
GESCHICHTE
Ein karges Leben in einem rauen Klima
Landesfürsten, Adel, Kirchen und Klöster bestimmten die Herrschaftsstrukturen im ausgehenden Mittelalter. Sie waren die Grundherren und verwalteten zu dieser Zeit mehr als zwei Drittel des Grundbesitzes in Tirol. Diesen vergaben sie gegen eine entsprechende Zinsleistung.
Sich mit dem Lebensnotwendigen selbst zu versorgen, war seit jeher der Ansporn des bäuerlichen Arbeitens und Lebens. Der Hof war Zentrum und Wirtschaftsort, an dem die unterschiedlichsten Nahrungsmittel, Kleidung, Gebrauchsgegenstände und vieles mehr hergestellt wurden. In den landschaftlich kargen Regionen, wo die Bauern wenig bis gar kein Korn anbauen konnten, wurde intensive Milchwirtschaft betrieben. So setzte besonders die Landschaft, die je nach Höhenlage mehr oder weniger erträglich war, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen des alpinen Tirols.
Das Leben war besonders auf den isolierten Einödhöfen im Hochgebirge karg. Hier lebten die Ärmsten der Armen. Insgesamt sind die mittlerweile nur noch selten erhaltenen, mehrere Jahrhunderte alten Hochalmhöfe ein rares Zeugnis vom bäuerlich-ärmlichen tirolerischen Leben. Sie erzählen von der oft nur in mündlichen Überlieferungen festgehaltenen Geschichte des Bergbauern, der der Natur und der kargen Berglandschaft ausgeliefert war und ihr dennoch mit Respekt und dem eisernen Willen, zu überleben, trotzte.
So waren die Bergbauern von damals zwar autark, doch wie erfolgreich sie damit waren, bestimmten die klimatischen Bedingungen und das Wetter. In schlechten Erntejahren, wenn der Ertrag mehr als dürftig gewesen war und die Vorräte nicht über den Winter reichten, drohten immer wieder Hungersnöte. Reich waren im Verhältnis die Adeligen, die die Höfe an die Bauern verpachteten. Sie forderten ihren Anteil an der Ernte ein, unabhängig davon, wie gut die Ernteerträge waren und ohne Rücksicht auf die Versorgung der Bewohner des Hofes. Erst als der Feudalismus im Jahr 1782 in Tirol unter Kaiser Joseph II. (1741-1790) abgeschafft wurde, nahm diese Ausbeutung ein Ende.
Auch die Kleidung der Bauern war bis zur Einführung der hautfreundlicheren, angenehmeren und industriell verarbeiteten Baumwolle gegen Ende des 19. Jahrhunderts eher spärlich. Die Bergbauern waren meist in Stoffe aus Flachs gekleidet. Selbst im Winter trug man grobes Leinen, da Wolle und Leder kaum erschwinglich war. Dieser Flachs wurde in niedrigeren Tallagen angebaut und später von den Bäuerinnen gesponnen und zu Stoffen verarbeitet.
Hygienisch zureichende Bedingungen waren meist nicht gegeben, da es weder Bäder, noch fließendes, warmes Wasser gab. So wusch man sich auf der Hochalm nur selten, lediglich Gesicht oder Hände. Wäsche wurde nur selten gereinigt. Diese mangelnde Hygiene führte oft zu Infektionen, manchmal gar mit tödlichem Ausgang, denn auf den besonders abgelegenen Höfen war eine ärztliche Versorgung nicht gegeben. Für viele der Bergbauern wäre eine ärztliche Behandlung aufgrund ihrer prekären finanziellen Situation ohnehin nicht denkbar gewesen. Auch die Lagerung der Lebensmittel stellte oft ein großes Problem hinsichtlich der Gesundheit der dortigen Bevölkerung dar.
Bei den Astberghöfen war das Land lediglich für grasendes Vieh geeignet. Die Böden waren so unfruchtbar, dass hier kein Ackerbau betrieben werden konnte. Selbst die Milchproduktion war hier sehr limitiert, obwohl sie meist die einzige dauerhafte Nahrungsgrundlage darstellte. Der Stallplatz in Vorderasten reichte lediglich für zwei Kühe!
Die engen Stuben waren im Winter oft überheizt und vollbesetzt, da hier Arbeiten verrichtet wurden, für die in den Sommermonaten wenig Zeit blieb, wie etwa das Nähen, Stricken, Reparieren von Werkzeugen oder Spinnen von Flachs. Da kaum gelüftet wurde, herrschte immer wieder Sauerstoffmangel. Man erzählt sich, dass beim Spinnen so manche Spinnerin aus Atemnot bewusstlos vom Stuhl gefallen sei. Das Idiom „sie spinnt“ soll demnach daher stammen, dass die vom Stuhl Gefallene aufgrund des Sauerstoffmangels bewusstlos wurde oder benommen war und somit sprichwörtlich nicht mehr ganz bei sich gewesen war.
Das bergbäuerliche Familienleben
Nicht überall im Tiroler Oberland gab es im Erbrecht die sogenannte Realteilung. Das bedeutet, dass der Hof unter allen Nachkommen aufgeteilt wurde. Realteilungshöfe waren häufig größer konzipiert, weil mehrere Familien dort zusammenleben mussten. Die Grundstücke wurden auf alle Söhne aufgeteilt, und mit der Zeit wurden aus großen Feldern schmale Streifen, die kaum für genügend Ernte sorgen konnten. Eine Armutsfalle, wie sie auch hier bittere Realität gewesen sein dürfte.
Im 16. Jahrhundert soll es zwischen zwei Brüdern nach dem Tod ihres Vaters zu einer Zwistigkeit gekommen sein. Einen Hof und den dazugehörigen Landbesitz, den sie gemeinsam als Geschwister geerbt haben sollen, sollen sie demnach in einem Streit getrennt haben. Danach, so die Erzählung, sollen sie nie wieder ein Wort miteinander gesprochen haben. Ein kleiner Bach, der zwischen den Höfen durchfließt, dient noch heute als natürliche Grenze.
Sich nicht sonderlich gut zu vertragen und dennoch in einer alltäglichen Form miteinander auskommen zu müssen, wird das Leben der Bergbauern maßgeblich bestimmt haben. Je ärmer die Menschen, desto eher galt die Heirat als Versorgungsgemeinschaft, Liebe oder Persönlichkeiten spielte hier keine Rolle. Man musste miteinander auskommen, und zwar ein Leben lang.
Ein unglückliches Zusammenleben gehörte somit oft zum schweren Alltag dazu. Und so galt es, nur eine Maxime zu befolgen: „Bis dass der Tod uns scheidet“. Starb etwa die Frau des Bauern, wurde nicht selten die Schwester der Verstorbenen geheiratet. Die Heirat stellte in dieser gesellschaftlichen Schicht also eine ökonomisch notwendige Lebensgemeinschaft dar, da es ums blanke Überleben ging. Besonders den Bergbäuerinnen dürfte es schwer ergangen sein, da diese kaum Mitspracherechte besaßen. Gesetzlich war der Mann der Vormund der Frau, egal, ob es sich dabei um Vater, Bruder oder Ehemann handelte. Die Frauen waren vorwiegend für das Aufziehen der meist zahlreichen Kinder und den Haushalt zuständig. Die Frau am Hof hatte kaum Möglichkeit, sich selbst zu verwirklichen. Nur bei groben Verfehlungen des Gatten, die die wirtschaftliche Situation des Hofes und das Familienleben akut gefährdete, wie etwa bei Trunksucht oder Geisteskrankheit, hatte die Frau ein Einspruchsrecht und durfte im äußersten Falle die Verwaltung des Guts übernehmen.
Klare Umgangsformen waren notwendig, um das Zusammenleben in der bäuerlichen Großfamilie zu regeln. Gewöhnlich bewohnten drei Generationen einer Familie einen Hof. So hauste die tirolische Großfamilie stets unter einem Dach, um dort gemeinsam zu leben und zu arbeiten. Diese räumliche Nähe und das enge Zusammenleben von der Geburt bis zum Tod ließen starke Bande und große emotionale Verbundenheit zwischen den Familienmitgliedern entstehen.
Ein meist tragisches Schicksal ereilte häufig die Jüngsten in diesen verarmten Gegenden Tirols. Die vielmehr allgegenwärtige Armut und nicht nur gelegentliche Hungersnöte zwangen die Bergbauern über mehrere Generationen hinweg in die Knie, da diese die meisten Kinder am Hof zeitweise nicht ernähren konnten. Besonders schwer traf es die Bauernfamilien der hochalpinen Einödhöfe. Deren Kinder wurden zumeist im Alter zwischen 6 und 14 Jahren auf Kindermärkten weitervermittelt, um in der Fremde Vieh zu hüten oder als Erntehelfer zu arbeiten. Lohn gab es hierfür nicht, nur freie Kost und Logis. Als sogenannte „Schwabenkinder“ litten sie weit weg von zuhause nicht nur an Heimweh, sondern genossen darüber hinaus keine adäquate Schulbildung und sahen sich häufig der Willkür Fremder und Misshandlung ausgesetzt.
WISSENSWERTES & KURIOSES
Die Schwabenkinder — Von Armut und Kinderarbeit
Als Schwaben- oder Hütekinder wurden Bergbauernkinder aus Tirol, Vorarlberg, der Schweiz oder auch Liechtenstein bezeichnet, die von Beginn der Neuzeit bis ins frühe 20. Jahrhundert aufgrund der Armut ihrer Familien alljährlich im Frühjahr durch die Alpen zu den sogenannten „Kindermärkten“ zogen, um dort als Saisonarbeiter an Bauern in den ländlich geprägten Regionen Württembergs und Badens vermittelt zu werden. Das „Schwabengehen“, das seine ersten Erwähnungen bereits im 16. und 17. Jahrhundert fand, erlebte im 19. Jahrhundert seinen Höhepunkt. Es wird geschätzt, dass jährlich fünf- bis sechstausend Kinder auf Höfen in der Fremde als Hütejungen, Mägde oder Knechte arbeiteten. Hintergrund waren die äußerst geringen Bodenerträge in den alpinen Regionen und die damit verbundene Armut, die die Eltern dazu trieb, eines oder mehrere ihrer zahlreichen Kinder in die Fremde zu schicken. Die Wege aus Tirol, Vorarlberg und der Schweiz nach Oberschwaben waren oftmals lang und beschwerlich. Für einen Teil der Kinder führte er über Bergpässe wie den Arlberg, die in der Regel im März noch von Schnee bedeckt waren und die viele der Kinder mit schlechtem Schuhwerk und dürftiger Kleidung zu überwinden hatten. Meist war ein Erwachsener, manchmal ein Priester, ihre Begleitperson, der unterwegs dafür sorgte, dass sich die Kinder in warmen Ställen zum Schlafen niederlassen konnten und der auf den Märkten die Preise aushandelte. Die Kindermärkte fanden meist im März statt. Zwischen Ende Oktober, Mitte November, ging es dann wieder in Richtung Heimat. Im Gepäck war dann ein doppelter Satz Kleidung und, je nach Alter der Kinderarbeiter und ausgehandeltem Preis, einige Gulden.
Die Kindermärkte wurden 1915 abgeschafft, weil nun die Kinder zuhause als Ersatz für die im Ersten Weltkrieg einberufenen Soldaten als Arbeitskraft benötigt wurden. Das „Schwabengehen“ nahm jedoch erst 1921 rapide ab, nachdem die Schulpflicht für ausländische Kinder eingeführt worden war. Der 1989 veröffentlichte Roman des österreichischen Schriftstellers Othmar Franz Lang (1921-2005) „Hungerweg. Von Tirol zum Kindermarkt in Ravensburg“ schildert die Geschichte der Schwabenkinder anhand eines Beispiels für jugendliche Leser.
2012 wurde im Rahmen eines grenzüberschreitenden EU-Projekts mit der Erfassung der Wege, Einzelschicksale und Lebensumstände der Schwabenkinder begonnen.
ARCHITEKTUR
Die Höfe Vorder- und Hinterasten bestehen aus den Bereichen Wohnen, Viehhaltung, Vorräte und Geräteaufbewahrung. Bei der nun wieder zusammengeschlossenen Hofstelle handelt es sich um einen sogenannten Einödhof, da hier lediglich zwei alleinstehende und anderweitig isolierte Gebäude stehen. Der Begriff „Einöde“ stammt vom althochdeutschen einōti ‚was so viel wie „allein liegend“ bedeutet. Im Oberdeutschen stellte es den kleinsten Siedlungstypus dar und wurde erstmalig als Definition in den Augsburger Chroniken im 15. Jahrhundert sowie in der Tiroler Landsordnung von 1573 als „ainöden“ aufgeführt.
Während die Brandgefahr in den dichter bebauten Gebieten Tirols groß war und man aufgrund dessen vor allem Häuser aus Stein erbauen ließ, war diese Gefahr eines übergreifenden Feuers hier kaum gegeben, weshalb man überwiegend auf Holz als Baumaterial zurückgreifen konnte.
Beide Gebäude verfügen über einen Mittelflur, der entlang des Firsts verläuft und die Räume trennt. Beide Höfe bestehen aus einem teilweise gemauerten, kalkverputzten, in die massive Felswand eingelassenen Erdgeschoss und einem ersten Vollgeschoss sowie einem Dachstuhl jeweils in Blockbauweise.
Der Blockbau galt seit jeher als eine der ursprünglichsten Bauweisen des westlichen Kulturkreises. Tatsächlich gibt es inzwischen viele Belege dafür, dass die Blockbautechnik bereits in prähistorischer Zeit eine gängige Bauweise vor allem in Mitteleuropa gewesen ist. Sie kam seit dem Neolithikum ab dem 2. Jahrtausend vor Christus zum Einsatz.
Im Hausbau dürfte die Bauweise bis heute kontinuierlich verwendet worden sein, auch wenn die ältesten noch stehenden Blockhäuser erst aus dem Mittelalter stammen. Somit stellen die beiden Bergbauernhöfe ein gesamteuropäisches kulturelles Erbe dar, das zumindest architektonisch eine rein regionale Bedeutung überschreitet.
Die Blockwände, die jeweils auf einem Steinfundament und teilweisem Hartholzrahmen aufliegen, entstanden durch das Aufeinanderschichten liegender Hölzer. Die Hölzer wurden planmäßig als Rundholz, abgeflachtem Holz oder gesägtem Kantholz verbaut. Beim Rundholz ist abwechslungsweise das dünnere über das dickere Ende des Stammes gelegt, um das volle Holz auszunutzen. Die derart geschichteten Wände durchdringen sich an den Ecken mithilfe von Verkämmungen und Verblattungen der einzelnen Hölzer. Die Bäume sind bündig, dicht untereinander vernagelt. Die Innenwände sind ebenfalls mit den Außenwänden verkämmt und als senkrechte Reihen von Balkenköpfen in Form von Verzinkungen von außen erkennbar.
Diese Mischform in Materialverwendung und Bauweise ist archetypisch für die Region. Die Fassaden einschließlich der massiven Balkone sowie alle tragenden Elemente, von den Fundamenten bis zu den Dachkonstruktionen, bestehen aus Lärchenholz mit einem dunklen Leinölanstrich. Die Innenräume von den Holzdielen, über Wandverkleidungen bis hin zu den Türen und Decken, sind aus regionalem Zirbenholz gezimmert. Die Dächer werden traditionell mit Holzschindeln bedeckt. Weiterhin fallen die geschnitzten, schlichten Ornamente an Gesimsen und Balkonen sowie die grün gestrichenen Holzfensterläden besonders ins Auge.
Eines der beiden Wohnhäuser verfügt über eine Rauchstube bzw. Kuchl und dient als zentrale Küche. Bei dem darin stehenden originalen Sesselherd aus dem 17. Jahrhundert handelt sich um einen teilweise mit Kacheln isolierten zweistufigen Ofen. In Arbeitshöhe war er ein Herd zum Kochen, der über ein sogenanntes Wasserschiff zum Erwärmen von Wasser verfügt. Darüber hinaus dient er oben als Ofen zum Beheizen der obenliegenden Schlafstätten. Der Sesselherd übersteigt in seinem Verwendungszweck somit den klassischen Grundofen und stellt in seinem noch funktionstüchtigen Zustand eine Seltenheit dar.
STRUKTURELLER ZUSTAND ZUR ZEIT DER AKQUISITION
Der Zustand des östlich stehenden Bergbauernhofs Vorderasten war zur Zeit der Akquisition desaströs. Das gesamte Haus war gefüllt mit Unrat. Überall lagen leere Flaschen und Müll. Das nachträglich angebrachte Blechdach war vollkommen durchrostet und stellte insbesondere aufgrund seiner mangelnden Tragfähigkeit, die für die Schneelasten, die in diesen hohen Gebirgslagen üblich sind, eine Einsturzgefahr für das gesamte Gebäude dar. Die Holzbalkone waren morsch und nicht mehr begehbar. In vielen Bauelementen zeigte sich ein akuter Holzwurmbefall, der die gesamte Bausubstanz schwächte. Der Dachstuhl war hiervon stark betroffen. Sämtliche Stromleitungen waren marode. Verkabelungen liefen teilweise offen durch die Stuben. Die Stromversorgung und das in diesem Zusammenhang unprofessionell errichtete Provisorium stellte aufgrund der ungenügenden Isolation und Freilegung einen potenziellen Brandherd dar.
Der im Jahr 2010 vom European Heritage Project erworbene Hof Hinterasten, ebenfalls aus dem frühen 17. Jahrhundert, wies glücklicherweise weder Feuchtigkeitsschäden, noch Schädlingsbefall auf – obwohl er dendrochronologischen Untersuchungen zufolge mindestens drei Jahrzehnte älter als der Nachbarhof war. Dennoch war der Zustand der Statik besorgniserregend. So neigte sich die Fassade stark nach vorne, was in einem Schiefstand des gesamten Hauses resultierte, der selbst in den Decken, Böden und Wänden sichtbar war. Zusätzlich wies die Fassade starke Spuren der Zweckentfremdung auf, von bunten Bemalungen bis zu an den Wänden angebrachten Klettersteinen.
RESTAURIERUNGSMAßNAHMEN
Im Rahmen der Restaurierungsarbeiten wurden dendrochronologische Untersuchungen durchgeführt, um das Alter, aber auch die verwendeten Hölzer fachmännisch bestimmen zu können.
Im Hof Vorderasten musste das European Heritage Project zunächst eine grundlegende Entrümpelung, eine Reinigung der Räumlichkeiten sowie Trockenlegung durchführen lassen, um anschließend Schädlingsbekämpfungsmaßnahmen ergreifen zu können. Am gesamten Gebäude wurden beschädigte oder splitternde Holzelemente restauriert. Dazu gehörte insbesondere das Schleifen und das Versiegeln mit natürlichem Leinöl im Außenbereich und Bienenwachs im Innenbereich. Die von Holzwürmern zerfressenen oder durch Feuchtigkeit zerstörten Hölzer wurden durch Rekonstruktionen ersetzt.
Für die gesamten Arbeiten wurde ein regional renommierter Zimmermann beauftragt, der besonders mit den traditionellen Tiroler Techniken und Materialien vertraut war. Nachdem der Dachstuhl restauriert und stabilisiert werden konnte, wurde das rostige Blechdach durch eine historisch akkurate Schindeldachrekonstruktion ersetzt.
Im gesamten Haus wurden die Stromleitungen neu verlegt, um wieder eine sichere Stromversorgung garantieren zu können. Im Anschluss konnte der überwiegend gut erhaltene vierhundert Jahre alte Sesselherd restauriert werden, indem Abplatzungen an den einzelnen Kacheln repariert wurden.
An der Fassade wurden die Steinmauern teilweise neu verfugt und mit frischem Kalkputz versehen. Die Fensterläden und Rahmen wurden neu gestrichen, begradigt und justiert, die Fenstergläser konnten in ihrem Originalzustand beibehalten werden. Aussenliegend wurde jedoch eine Isolierverglasung aufgesetzt.
Bei allen weiteren Gebäuden – Stall, Hütte und dem zweitem Bergbauernhof – wurden massiv angegriffene Holzelemente mit irreparablen Schäden ebenfalls durch Rekonstruktionen ergänzt. Die übrigen obligatorischen Reparaturen und die Behandlung der Hölzer folgten in ähnlichem Umfang wie oben erwähnt.
Auch hier wurden die Blechdächer entfernt und mit Holzschindeln in ihren Ursprungszustand zurückgeführt.
Die größte Herausforderung bei dem 2010 akquirierten, linksseitigen Bergbauernhof bestand darin, den massiven Schiefstand der Böden und die extreme Neigung der vorderen Fassade zu beseitigen. Gelingen konnte dies unter akribischer statischer Sicherung aller tragenden Wände und des Dachstuhls sowie durch eine vollständige Aushebung und Begradigung des Fundaments. Rissbildungen in Mauerwerk und Holzkonstruktionen wurden ebenfalls beseitigt, darüber hinaus erfolgte das schonende Abtragen der von den Vorbesitzern verwendeten Holzfarben an der Fassade sowie ein Rückbau der zuvor angebrachten Klettersteine und die Füllung der dadurch entstandenen Löcher.
Zuvor verliefen Strommasten und Freileitungen direkt durch das Anwesen. Nach Absprache mit den örtlichen Stadtwerken konnten die Stromleitungen jedoch unterirdisch verlegt werden, was zum einen verhalf, der Anlage ein harmonischeres
Gesamtbild zu verleihen und zum anderen einen historischen Ursprungszustand und somit eine naturverbundene Einheit zwischen Hochalm und Bauernhöfen wiederherzustellen.
Während dieser Arbeiten konnte eine Quelle freigelegt und erschlossen werden, die nun für die Wasserversorgung des Hofkomplexes genutzt werden kann. Für bessere hygienische Zustände und den einwandfreien Abtransport des Abwassers wurden die Sickergruben in allen Gebäuden nach modernen biologischen Erkenntnissen vollständig neu angelegt.
HEUTIGE NUTZUNG