Wir machten am Morgen eine ausgedehnte Spazierfahrt nach Hugstetten. Von einem Hügel im Schlossgarten hatte man eine ausgedehnte Aussicht nach den Gebirgen. Wir konnten den Feldberg, Belchen und den Kandel dicht vor uns sehen.
(Nach den Tagebucheinträgen von Felix Mendelssohn-Bartholdy und seine Frau Cecilie)
Schloss Hugstetten ist ein eindrucksvolles Zeugnis der südwestdeutschen Adelskultur und gehört zu den historisch bedeutendsten Schlossanlagen der Region Breisgau. Seine Wurzeln reichen bis ins Mittelalter zurück, doch seine heutige Gestalt erhielt das Anwesen Anfang des 19. Jahrhunderts im Stil des südwestdeutschen Klassizismus. Umgeben von einem weitläufigen, ursprünglich englisch geprägten Landschaftsgarten, vereint das Ensemble architektonische Klarheit mit historischer Tiefe. Über Generationen hinweg war das Schloss im Besitz bedeutender Adelsfamilien, darunter die von Stürtzel, Andlau-Birseck und zuletzt von Mentzingen. Bis heute bewahrt es nicht nur eine beeindruckende bauliche Substanz, sondern auch das geistige und kulturelle Erbe einer langen Familientradition.
2025 konnte das European Heritage Project das Schloss vom Eigentümer erwerben und im Sinne des Eigentümers und des Erhalts des kulturellen Erbes sanieren und nutzen.

KAUFSITUATION
Es war Mitte März des Jahres 2025, als im European Heritage Project ein Anruf von Baron von Mentzingen einging. Er wollte das traditionsreiche Schloss Hugstetten, seit Jahrhunderten im Besitz seiner Familie, zum Verkauf anbieten. Im Rahmen der bisherigen Verkaufsverhandlungen hätten sämtliche Interessenten signalisiert das Anwesen entweder in Eigentumswohnungen zu parzellieren oder im historischen Schlosspark moderne Wohnanlagen zu errichten.
Ein solcher Eingriff hätte jedoch nicht nur den Charakter des Ensembles zerstört, sondern auch das kulturelle Erbe sowie die Erinnerung an eine lange Familientradition ausgelöscht. Aus tiefer persönlicher Verantwortung heraus lehnte der Baron diese Vorstellungen entschieden ab – und wandte sich an das European Heritage Project, in der Überzeugung, einen Partner gefunden zu haben, der den historischen und ideellen Wert des Anwesens zu schätzen wisse.
Nach dem Tod seines Vaters, der das Schloss bis zuletzt bewohnt hatte, suchte der Baron nach einer nachhaltigen Lösung für den Fortbestand der Anlage. Seine Kinder leben inzwischen im Ausland – in den Vereinigten Staaten und der Schweiz – und hatten kein Interesse an einer weiteren Nutzung oder Pflege des Anwesens.
In Anerkennung unseres Engagements für den Erhalt historisch bedeutender Baudenkmäler war der Baron bereit Schloss Hugstetten auch mit großen wirtschaftlichen Abschlägen im Vergleich zu den vorliegenden Angeboten an das European Heritage Project zu verkaufen – unter der Bedingung, dass das Ensemble in seiner Gesamtheit erhalten und denkmalgerecht restauriert werde.
Wir haben diesem Wunsch mit Nachdruck entsprochen und dem Baron unser Ehrenwort gegeben: Schloss Hugstetten bleibt als kulturelles und familiäres Zeugnis der Vergangenheit bewahrt. So wird es ihm jederzeit möglich sein, als Gast zurückzukehren – mit dem Wissen, dass das Vermächtnis seiner Familie in würdiger Weise fortbesteht.
GESCHICHTE
Das Hugstetter Schloss blickt auf eine lange und bewegte Historie zurück, die bis ins Mittelalter reicht. Einst im Besitz mehrerer Breisgauer Adelsgeschlechter, gelangte Hugstetten im Jahr 1491 in den Besitz des königlichen Hofkanzlers Konrad Stürtzel. Stürtzel, der aus Franken stammte und 1488 in den erblichen Adelsstand erhoben worden war, hinterließ nicht nur seine Spuren in Freiburg – etwa mit dem später bezeichneten Basler Hof – sondern auch in Hugstetten, wo er die Herrschaft samt Buchheim, Hochdorf mit Benzhausen und Holzhausen von den Schnewlin zu Landeck erwarb.
Nach dem Aussterben der Familie Stürtzel im Jahr 1790 ging Hugstetten an Heinrich Ludwig von Schackmin, österreichischer Feldmarschallleutnant und General der Kavallerie. Dessen Familie war aus Lothringen an den Wiener Hof gekommen. Nach Heinrich Ludwigs Tod trat sein Neffe Franz Stephan das Erbe an, dessen Tochter Maria Sophia Freiin von Schackmin zur Erbin des Stürtzel‘schen Besitzes wurde.
Conrad Carl von Andlau-Birseck und der Bau des neuen Schlosses
Mit Maria Sophias Heirat mit Conrad Carl Friedrich Freiherr von Andlau-Birseck begann ein neues Kapitel für Hugstetten. Die Familie von Andlau, benannt nach dem gleichnamigen Ort im Elsass, war eng mit dem Haus Habsburg verbunden und spielte über Jahrhunderte hinweg eine bedeutende Rolle im südwestdeutschen Raum. Conrad Carl selbst war ein enger Vertrauter des Wiener Hofs und wirkte in höchsten politischen Ämtern, u.a. als badischer Diplomat und Innenminister sowie nach 1815 als Generalgouverneur in Franche-Comté.
Nach Flucht und Enteignung infolge der Französischen Revolution baute er die Besitzungen seiner Familie wieder auf. Der Bau des heutigen Schlosses Hugstetten begann 1801 und wurde bis 1810 weitgehend fertiggestellt, 1830 schließlich endgültig vollendet. Das neue Schloss diente vor allem als ländliches Sommerhaus der Familie, die im Wechsel auch ihr Freiburger Stadtpalais bewohnte. Gestalterisch finden sich architektonische Parallelen zum Andlauer Hof in Arlesheim, ebenso wie das charakteristische Allianzwappen Andlau-Schackmin im Giebel.
Besondere Erwähnung verdient der sogenannte Englische Garten des Schlosses, der erstmals 1808 dokumentiert wurde. Er entstand nach dem Vorbild der von Conrad Carls Mutter geschaffenen Eremitage in Arlesheim, des größten Landschaftsgartens der Schweiz, und war bis 1839 weitgehend angelegt.
Die Mentzingen und die Neuordnung des Besitzes
Die weitere Geschichte des Hugstetter Schlosses ist eng mit den Freiherren von und zu Mentzingen verbunden. Marie Henrike Sigismunde von Andlau-Birseck heiratete 1853 Hermann Freiherr von und zu Mentzingen. Ihr Sohn Friedrich erbte Hugstetten mit den zugehörigen Ländereien. Friedrich war kaiserlicher Gesandter in Argentinien und Marokko und wurde später Oberzeremonienmeister am badischen Hof. Unter seiner Ägide wurde das Schloss 1907–1909 um den östlichen Anbau mit einem zweiten Treppenhaus erweitert.
Nach dem Ersten Weltkrieg veräußerte Friedrich weite Teile der Familiengüter außerhalb Hugstettens. Sein Enkel Peter Freiherr von und zu Mentzingen führte später die Besitzungen von Hugstetten und Menzingen wieder zusammen. Im Zuge der Umstrukturierungen der 1960er- und 70er-Jahre wurden große Teile des Parks sowie landwirtschaftliche Flächen und Wirtschaftsgebäude verkauft. Übrig blieben das Schloss, das sogenannte alte Schloss mit seinen historischen Nebengebäuden, das Gärtnerhaus und rund vier Hektar des einst weitläufigen Parks.
Bis heute zeugen das Schloss Hugstetten und seine Anlagen von der reichen Geschichte der Region Breisgau und den über Generationen verwobenen europäischen Adelslinien. Mit ihrem historischen Erbe, dem Englischen Garten und der Architektur des frühen 19. Jahrhunderts repräsentiert die Anlage ein bedeutendes Zeugnis südwestdeutscher und habsburgischer Kulturgeschichte.
ARCHITEKTUR
Das Hugstetter Schloss blickt auf eine lange Baugeschichte zurück. Bereits im späten Mittelalter existierte an diesem Ort eine befestigte Anlage, die als Herrschaftssitz verschiedener Breisgauer Adelsgeschlechter diente. Teile des heutigen sogenannten „alten Schlosses“ stammen noch aus dem 17. Jahrhundert, vermutlich um 1670 errichtet. Dieses Gebäude mit seinen massiven Mauern und dem charakteristischen Dachaufbau zeigt die architektonische Übergangsphase vom mittelalterlich geprägten Wehr- und Wirtschaftsbau hin zum repräsentativen Landsitz.
Den entscheidenden architektonischen Wandel erlebte Hugstetten jedoch ab 1801, als Conrad Carl Friedrich Freiherr von Andlau-Birseck das neue Schloss im Stil des südwestdeutschen Klassizismus errichten ließ. Der dreigeschossige Putzbau mit Walmdach und sieben Achsen wurde bis 1810 im Wesentlichen fertiggestellt. Er zeichnet sich durch klare Symmetrie, reduzierte Fassadengliederung und zurückhaltende Dekoration aus. Typisch für diese Epoche ist das Bestreben, schlichte Eleganz mit herrschaftlicher Wirkung zu verbinden. Im vorderen Giebel befindet sich das Allianzwappen Andlau-Schackmin, das die Erbauerfamilie bis heute sichtbar macht.
Die Gestaltung orientierte sich an bestehenden Besitzungen der Familie Andlau, insbesondere am Andlauer Hof in Arlesheim, und verband klassizistische Formensprache mit funktionaler Nutzung als Sommerresidenz. Die Wirtschaftsgebäude wie die Zehntscheuer erhielten das für Andlau typische Dachprofil, das sich als identitätsstiftendes Merkmal auf vielen ihrer Güter wiederfindet.
Zwischen 1907 und 1909 wurde das Schloss unter Friedrich Freiherr von und zu Mentzingen um einen östlichen Anbau mit zweitem Treppenhaus erweitert. Dieser Teil fügt sich harmonisch in die bestehende Architektur ein und wird ebenfalls durch das Allianzwappen Mentzingen-Liedekerke gekennzeichnet.
Zusammen mit dem „alten Schloss“, den historischen Wirtschaftsgebäuden, dem Gärtnerhaus und der rot verputzten Umfassungsmauer bildet das Hugstetter Schloss bis heute ein geschlossenes architektonisches Ensemble, das die Entwicklung vom mittelalterlichen Herrschaftssitz über barocke und klassizistische Umbauten bis ins frühe 20. Jahrhundert erlebbar macht.
KURIOSES UND GESCHICHTEN
Wie aus einer St. Gallus-Kirche eine Martin-Luther-Kirche wurde
Wie viele herrschaftliche Anwesen verfügte auch das Schloss Hugstetten über eine eigene Schlosskirche. Diese diente zugleich als Pfarrkirche für die katholische Bevölkerung des Ortes. Im Jahr 1772 erbaut, wurde die barocke St. Gallus-Kirche dem heiligen Gallus, einem irischen Missionar des Frühmittelalters, geweiht.
Über viele Jahrzehnte hinweg war St. Gallus das religiöse Zentrum von Hugstetten. Eine besondere Rolle spielte die Kirche bei der jährlichen Fronleichnamsprozession, die feierlich durch die Gärten des Schlosses führte und damit liturgische Tradition und dörfliche Gemeinschaft auf eindrucksvolle Weise verband.
St. Gallus war Herz und Mittelpunkt des katholischen Dorfes Hugstetten. Die Kirche wurde der Gemeinde übereignet, ohne dass man dabei an den kostbaren Barockaltar, die kunstvollen Heiligenfiguren oder das liebevoll gepflegte Brauchtum rührte. Alles blieb, wie es war – zunächst.
Doch dann kam das Jahr 1960, und mit ihm der Drang nach Modernität. Die katholische Kirche entschied sich, eine neue Kirche am Ortsrand zu bauen. Beton, Flachdach, Sichtmauerwerk – ganz im Stil jener Zeit, der heute eher nüchtern als schön anmutet.
Die nunmehr verwaiste St. Gallus-Kirche war damit ihrer Funktion beraubt und die katholische Gemeinde entschloss sich, die Kirche an die protestantische Gemeinde zu verkaufen. Hugstetten war historisch gesehen eine rein katholische Ansiedlung, erst durch eine starke Zuwanderung nach dem Zweiten Weltkrieg erhöhte sich der Anteil der protestantischen Bewohner, so dass sich auch erst damals eine evangelische Gemeinde bildete.
Was die katholische Kirche jedoch nicht bedacht hatte: Mit dem neuen Eigentümer zog nicht nur ein neues Bekenntnis ein – sondern auch ein völlig neuer Geschmack. Kurz nach der Übergabe des Kirchleins, wurde in bildlich stürmischer Manie sämtliches Interieur aus der Kirche entfernt. Übrig blieb einzig ein Kreuz an einer Seitenwand. Doch damit war noch nicht genug, denn die neuen Besitzer der Kirche änderten auch gleich den Namen. So wurde der Schutzpatronen St. Gallus kurzerhand aus den Analen entfernt und die Kirche provokant in Martin-Luther-Kirche umgetauft. Inzwischen ist der Kirchenbesuch in dieser evangelischen Gemeinde stark zurückgegangen und die Kirche wird vorwiegend als Veranstaltungsort für Konzerte genutzt. An das alte Erbe erinnert jedenfalls nur noch wenig.
Teuffel’s Küche
Zum Schloss Hugstetten gehörten historisch einige 100 Hektar Landes und die dazugehörigen Gebäude. So unter anderem auch eine Brennerei. Nachdem der landwirtschaftliche Betrieb weitgehend eingestellt worden war, verloren all diese Nebengebäude ihre eigentliche Funktion. So entschloss sich Baron von Mentzingen die ältere Brennerei zu verpachten, samt einem Hektar umliegenden Land. Beworben hatte sich damals Freifrau von Teuffel, deren Mann verstorben war und die mit der Familie von Mentzingen in einem guten Verhältnis stand. So kam der Mietvertrag zu Stande. Und nicht nur Freifrau von Teuffel profitierte von dieser Liaison, sondern auch die Studenten in Freiburg. Denn Freifrau von Teuffel eröffnete 1980 in der alten Brennerei und der dazugehörigen Scheune die „Teufell`s Küche“, ein Ausflugslokal, welches bei den Studenten eine hohe Beliebtheit erfuhr, denn hier gab es nicht nur gute Süßspeisen, Flammkuchen und Spezialitäten aus der Region, sondern Freifrau von Teuffel bot den Studenten auch Arbeitsplätze in ihrem Betrieb an, die gerne nachgefragt wurden. Freifrau von Teuffel, die noch heute in der Brennerei lebt und inzwischen ihr 92. Lebensjahr vollendet hat, stellte den Betrieb 2007 aus Altersgründen ein. Sie plant jedoch gemeinsam mit ihrem Sohn eine Neu-Eröffnung der Teufelsküche im Jahr 2026, worauf wir uns alle schon sehr freuen.
KÜNFTIGE NUTZUNG
Nach der geplanten Fertigstellung in den Jahren 2026/27 soll das Schloss Hugstetten zu einem Ort kultureller Begegnung werden. Vorgesehen sind Konzertabende, Ausstellungen und Lesungen, durch die das Gebäude wieder für die Öffentlichkeit erlebbar gemacht wird.


Videobeiträge:
Das European Heritage Project hat eine Darstellung Münchens erworben, die der Künstler Bernardo Bellotto, auch Canaletto genannt, während seiner Zeit in der Isarmetropole malte. Außerdem konnte eine Vorzeichnung und ein Stich, der wahrscheinlich kurz nach dem Bild entstand, erworben werden. Durch den Erwerb der Werke konnte das European Heritage Project den Verbleib eines Teils der bayerischen Kulturgeschichte in der Region sichern.















